Atmosphäre wunderbar eingefangen

Fotoausstellung in St. Georg zu „Notschlafstellen im Ruhrgebiet“

An den Tisch sind vier einfache Stühle gerückt. Im Hintergrund stehen zwei  Schränke, oder besser: zwei Spinde. Rechts im Bild ist ein hastig gemachtes Bett. Der Bewohner des Zimmers hat augenscheinlich  versucht, sein Heim für eine Nacht mit einer spartanischen Tischdekoration etwas aufzuhübschen.
Die farbige Fotografie zeigt eine Notschlafstelle. Zusammen mit 14 weiteren großformatigen Fotos ist sie in der Stadtkirche St. Georg zu sehen.
„Notschlafstellen im Ruhrgebiet“ heißt die Arbeit des jungen Fotografen Stefan Fercho, die die Evangelische Stadtkirchenarbeit Lünen zusammen mit dem Verein „Dach über dem Kopf e.V.“ präsentiert. Die Fotografien sind entstanden in Mühlheim, Essen, Dortmund, Lünen und Bochum. 
Die Atmosphäre hat Fercho „wunderbar eingefangen“, kommentierte Pfarrer Ulrich Klink, Vorsitzender des Vereins „Dach über dem Kopf“. Auffällig: auf keinem der Fotos sieht man Menschen. „Natürlich geht es mir um die Menschen“, sagt Fercho. Doch der Betrachter soll sich eine Vorstellung von den Bedingungen der Wohnungslosen machen, unter denen sie leben.
„Sie haben keine Wohnung, keine Arbeit, kein Konto. Sie sind von der Gesellschaft vergessen und ausgestoßen“, erinnerte Pfarrer Rüdiger Holthoff bei der Ausstellungseröffnung.
Fercho, 26 Jahre alt, studiert Fotografie an der FH Dortmund. Geboren in Usbekistan, kam er als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland, zunächst nach Mecklenburg-Vorpommern, dann nach Bochum. Er hat – gegen den Trend – die Ausstellungsfotos nicht digital, sondern mit einer Fachkamera auf Film fotografiert. „Analog finde ich grundsätzlich schöner“, so Fercho. Die Resultate seien „ehrlicher und puristischer“.
2012, so erklärt es ein begleitender Text zu den Fotografien, seien nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe 284.000 Menschen ohne Wohnung gewesen. 24.000 von ihnen hätten auf der Straße gelebt. Bis 2016, so die Prognose, würde die Zahl der Wohnungslosen um rund 100.000 zunehmen.
Zufall? In der Stadtkirche liegt ein Buch für Gebetsanliegen aus. In einem Eintrag, der auf zwei Tage vor der Ausstellungseröffnung datiert, heißt es: „Ich bin dankbar, dass die Räumungsklage abgewiesen wurde, ich bin dankbar für unsere schöne Wohnung.“

Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist noch bis 18. Juli zu den Öffnungszeiten der Stadtkirche zu sehen
Montag bis Freitag 10 bis 12 Uhr,
Dienstag bis Freitag 15 bis 17 Uhr,
Samstag 11 bis 14 Uhr.