06.02.2019

Geburt in eine andere Welt

Hospizbegleiterin referierte über Sterbeprozess und Tod

Was geschieht, wenn wir sterben? Ist es das Ende oder beginnt ein neuer, ein anderer Anfang? Und wie wollen wir sterben, wie können wir einen ruhigen und würdevollen Tod sterben? Um Antworten auf diese Fragen zu versuchen, hatte Paulus Kirche und Kultur zu einem Vortrags- und Gesprächsabend mit Birgit Mölle-Weber eingeladen.

Seit 2014 engagiert sich die Vortragende als ehrenamtliche Begleiterin Sterbender im Bruder-Jordan-Haus. „Sie alle sind mutig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“, so Mölle-Weber an die Anwesenden gewandt. Ähnlich sieht es Pfarrer Friedrich Laker. Die Thematik sei angstbesetzt und mit ihr so umzugehen „wie es die Kirche viele Jahrhunderte getan hat, geht nicht mehr.“  Das seien Bilder, „die nicht mehr tragen, die keine Lösung anbieten.“

Mölle-Weber ist 1953 bei ihrer Geburt beinahe gestorben. 1996 entging sie zweimal nur knapp einem tödlichen Unfall. „Mir ist bewusst geworden, dass mich der Tod jederzeit einholen kann.“ Sie war, vor ihrem Engagement im Hospiz, beim Sterben von Familienmitgliedern dabei. Ereignisse, die sie nicht als bedrohlich angesehen hatte, sondern „die mir Kraft gespendet haben“.

Kraft und Hoffnung hat sicher auch ihr Vortrag in der Pauluskirche gegeben. Doch deutlich wurde den Zuhörenden auch, wie schmerzlich und grausam ein Sterbeprozess empfunden werden kann. Mölle-Weber ist überzeugt, dass es eine „unsterbliche Essenz“ in uns gibt, aber auch „Schattenanteile“, die beim Sterben eine große Rolle spielen. In unserem Leben seien wir ständig damit beschäftigt, „anzuschaffen, zu klammern und zu bewahren“. Auch deshalb falle uns das Loslassen unseres Körpers am Ende des Lebens so schwer. Sinnvoll sei es, schon jetzt danach zu fragen, wie authentisch wir leben, ob unser Leben das ist, was wir wollen, oder das, was andere wollen.

Warum engagiert sich Mölle-Weber im Hospiz? „Ich möchte den Sterbenden durch Anteilnahme und Zuwendung helfen.“ Sie beklagt sich darüber, dass die Begleitung von Sterbenden mittlerweile „in das Zeitalter des qualitätsorientierten und evaluierten Sterbens eingetreten ist, in den Bereich der planenden und an ökonomische Kennzeichen orientierten Gesundheitspolitik.“

Im Hospiz („ich arbeite gerne im Bruder-Jordan-Haus“) kann sie den Menschen helfen, nicht in einer negativen Geisteshaltung, in Unfrieden mit sich selbst und ihrer Umwelt zu sterben. Sie kann Trost spenden, begleiten und aufklären. Und sie kann den Sterbenden ermutigen, seinen Körper loszulassen. Denn der Tod, „ein heiliger Vorgang“, sei eine Geburt in eine andere Welt.

„Was wirklich mit uns geschieht, können wir nicht sagen.“ Doch man solle den aktuellen Erkenntnissen der Nahtodforschung Glauben schenken. Und die Nahtoderlebnisse würden gemeinsam mit Beobachtungen der Teilchenphysik der Beleg dafür sein, dass „unser unzerstörbares Selbst bleibt und über den Tod hinaus besteht“.  Dabei zitierte Mölle-Weber Novalis: „Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch, wenn ein Mensch stirbt, wird er Geist.“

Foto: Stephan Schütze
Birgit Mölle-Weber ist ehrenamtliche Begleiterin von Sterbenden. Sie referierte über das Thema „In Würde sterben“. Foto: Stephan Schütze