Der Erste Weltkrieg wurde von den Kirchen stark unterstützt. Davon zeugte eine „Heldenkapelle“ direkt vor der Stadtkirche. Nach 1945 stellte die Kirche stattdessen eine Friedensglocke auf. Das zeigt den Wandel im Verhältnis zu Nationalismus und Krieg.
Heute setzt sich die evangelische Kirche für einen "Gerechten Frieden" ein oder ist pazifistisch gesinnt.
Das Reinoldiforum, 2006 eröffnet, steht auf historischem Grund: Vor dem Zweiten Weltkrieg stand an dieser Stelle eine „Heldenkapelle“ für die Opfer des Ersten Weltkriegs (1914 bis 1918).
Der Erste Weltkrieg wurde von den Kirchen stark unterstützt, die Gemeindehäuser als Lazarette freigegeben. Glocken, Kupferdächer und sogar Orgelprospekte wurden als Materialspenden zur Verfügung gestellt, um eingeschmolzen zu werden. Ab 1917 hatte die Reinoldikirche deshalb ein Stahlgeläut.
Eine treibende Kraft war Reinoldi-Pfarrer Otto Stein, der sich auch nach dem Krieg bemühte, das Gedenken an die „Helden des Krieges“ wachzuhalten. Unter seiner Ägide wurde 1926 die Heldenkapelle eingeweiht.
Die Ironie der Geschichte: Wie weite Teile der Reinoldikirche wurde die Heldenkapelle im Zweiten Weltkrieg zerstört. Eine der Glocken, die bei einem Bombenangriff am
6. Oktober 1944 ins Kirchenschiff gefallen war, steht mit noch sichtbaren Schäden heute als eine Art Mahnmal vor der Kirche. Seit dem 1956 vollendeten Wiederaufbau sollte sie, wie es hieß, als „Warnung vor jeder Verfälschung, Verweltlichung und Politisierung des Evangeliums dienen“. Bis heute symbolisiert sie damit den Wandel im Umgang der Kirche mit dem Thema Krieg.
Die Reinoldikirche ist bis heute als Stadtkirche auch ein Zufluchtsort für die Dortmunder, wenn sie Kriegsgefahr spüren. Das zeigte sich beispielsweise in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 1991. Damals starteten die USA den Angriff auf den Irak, der zweite Golfkrieg begann. Die Kirchentüren standen die ganze Nacht weit offen und viele Menschen versammelten sich, zum Protest, zum Gebet oder saßen schweigend im Kirchenraum. Das wiederholte sich zehn Jahre später. Wegen der erschreckenden Terrorattentate in den USA am 11. September 2001 gab es in der Stadtkirche mehrere überfüllte Gottesdienste, auch mit Schülerinnen und Schülern. Als Zeichen des Friedens ließ die Evangelische Kirche Grußworte von Juden und Muslimen verlesen.
In den letzten hundert Jahren hat sich das Verhältnis der Evangelischen Kirche zu Krieg und Frieden grundlegend verändert. Sprach die Kirche früher vom „gerechten Krieg“, bekannte sie sich 2007 zum Leitbild des gerechten Friedens. Wer den Frieden will, darf nicht zum Krieg rüsten. Vor allem gilt: Der wichtigste Garant des Friedens ist das Recht. Darum darf auch militärische Gewalt nur dem Selbstschutz dienen oder rechtserhaltende Gewalt sein, legitimiert durch ein UN-
Mandat. Allerdings gibt es auch viele Christen, die im Pazifismus den eigentlichen Weg des Glaubens sehen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland legte 2007 die Friedens-Denkschrift vor „Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen“. Darin bekennt sich die Kirche zum Leitbild des „Gerechten Friedens“, der am Paradigma der Gewaltlosigkeit ausgerichtet ist. Militärische Gewalt ist als „rechtserhaltende Gewalt“ ausschließlich als „ultima ratio“ anzusehen, die durch ein Mandat der internationalen Gemeinschaft oder durch den Fall der Selbstverteidigung legitimiert ist. Ein „gerechter Frieden“ kann mit einer wirksamen Friedenspolitik erreicht werden, die den Abbau von Gewalt, den Ausbau der internationalen Rechtsordnung und die Förderung weltweiter sozialer Gerechtigkeit verfolgt. Wer Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Der Grundsatz „der Krieg müsse vorbereitet werden, um den Frieden zu erreichen“ gilt nicht mehr.
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