06.07.2018

Gut Leben statt viel Haben

Vortrag und Diskussion in der Stadtkirche St. Georg

Immer mehr – mehr Geld auf dem Konto, mehr Wirtschaftswachstum, mehr Reichtum. Für Thilo Hoppe, Entwicklungspolitischer Beauftragter von „Brot für die Welt“, ist dieses Streben ein Drang, sogar eine Sucht. „Sie schädigt die Seele des Süchtigen und hat fatale Folgen für andere.“ Zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Hoppe hatte die Stadtkirche St. Georg und die Lüner Initiative gegen globale Armut (Liga) gemeinsam mit dem Dortmunder Kulturzentrum Depot im Rahmen der Fotoausstallung „Neben uns die Sintflut“ eingeladen.

Allgemeinwissen sei es, dass wir mit diesem Drang unsere Lebensgrundlagen – Natur, Klima, Rohstoffe – zerstören. Darauf wies Dr. Ulrich Weber von der Liga in seiner Begrüßung hin. Entsprechend forderte Thilo Hoppe eine „Überwindung des Wachstumswahns“. Dabei wollte er nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern ging in seinen Überlegungen differenziert vor. Wachstum sei weder Ursache allen Übels noch Bedingung für unseren Wohlstand. „Entscheidend ist, was soll wachsen, was schrumpfen und was konstant bleiben.“ Hoppe machte das an einem Beispiel klar: Weltweit gäbe es 800 Millionen hungernde Menschen. Der Anbau von Grundnahrungsmitteln in den Ländern, in denen Hunger herrscht, müsse deshalb wachsen. Gleichzeitig müsse der Fleischkonsum in den reichen Ländern schrumpfen. Denn die Ausbreitung der Sojawüsten in Lateinamerika diene ausschließlich der Futtermittelproduktion für unseren Fleischkonsum. Reduzierung der Futtermittelwüsten und Wachstum des Nahrungsmittelanbaus – „das kann man genau ausrechnen“, so Hoppe. Unter dem Strich wären das zwei Fleischmahlzeiten pro Kopf und Woche, „ein medizinisch empfohlenes Maß“. Die Reduzierung sei also ein Plus an Gesundheit und Lebensqualität auch für uns.

Generell, so Hoppe, gelte es, sich von einem rein quantitativen „Immer mehr“ zu verabschieden. „Wir brauchen eine nachhaltige Wirtschaft.“ Dazu müsse man nicht das komplette System ändern, doch eine „große sozialökonomische Transformation“ sei notwendig. Die setze sowohl verantwortungsbewusste Unternehmer und Konsumenten voraus wie auch „ganz klare Vorgaben der Politik“. Auch die Kirchen könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, denn sie seien beispielsweise der größte Grundbesitzer Deutschlands. „Es gibt hervorragende Synodenbeschlüsse. Doch das ist alles Theorie. Niemand fragt nach, was auf den Kirchenäckern geschieht.“

Dr. Weber fasste in der Diskussionsrunde das Ziel mit einfachen Worten zusammen: „Es geht darum, gut zu leben, statt viel zu haben“.

Um den Abschied vom „Immer Mehr“ ging es bei einer Veranstaltung in St. Georg. Unser Foto zeigt (v. l.) Dr. Ulrich Weber von der „Liga“ und Thilo Hoppe von „Brot für die Welt“. Foto: Sam Ogunnibi