28.02.2018

Muslima für Geschlechtergerechtigkeit

Islamseminar zum Thema der Frauengleichstellung

Gott hat die Menschen gleichberechtigt geschaffen, Männer und Frauen. Auf dieser theologischen Grundlage des Islam engagiert sich Rabeya Müller als muslimische Frau für die Geschlechtergerechtigkeit auch bei der Ausübung religiöser Berufe. Müller selbst ist Islamwissenschaftlerin, Buchautorin und Imamin der muslimischen Gemeinde Rheinland, einer Gemeinde, die stark dem interreligiösen Dialog verpflichtet ist.

Am Beispiel der afroamerikanischen Wissenschaftlerin und Muslima Amina Wadud hat Müller auf Einladung des Dortmunder Islamseminars über einen geschlechtergerechten Islam referiert. Ihr Ausgangspunkt: Gott habe die Menschen gleich geschaffen und sie, wie der Koran lehre, zu seinen Statthaltern auf Erden gemacht. Diese Statthalterschaft sei nicht an ein Geschlecht gebunden, allerdings könne nur eine selbstbestimmte Frau eine solche Rolle übernehmen.

Weil die muslimische Gesellschaft über 1.400 Jahre hinweg von einer männlichen Auslegung des Koran geprägt wurde, sei es jetzt an der Zeit, dass Frauen selbst den Islam neu lesen. Gibt es in ihm Textstellen, die eine Unterdrückung der Frau rechtfertigen? Nein, meint Imamin Müller. Entsprechende Koranstellen seien schlichte Fehlübersetzungen.

In der teils sehr kontrovers geführten Diskussion nach ihrem Vortrag war man sich über viele der behandelten Themen einig. Der Islam sei eine Religion der Gerechtigkeit, deshalb auch der Geschlechtergleichheit, so ein Diskussionsbeitrag. Deshalb könnten Muslima auch eine führende Rolle in der Gemeinde spielen, doch eines sei nicht möglich: ein Gebet nicht nur vor Frauen, sondern auch vor Männern zu leiten. Genau das war die Neuigkeit, als Amina Wadud 2005 ein Freitagsgebet vor Frauen und Männern in New York führte. Denn der orthodoxe Islam gesteht Frauen lediglich zu, vor rein weiblichen Gruppen zu beten.

Obschon die Geschlechtergerechtigkeit in der Schöpfung verankert sei, „haben wir dennoch große Probleme mit ihr“. Doch für Müller ist das kein alleiniges islamisches Phänomen. Und damit hat sie nicht unrecht. Denn immerhin gibt es weibliche Imame, aber keine weiblichen Priester in der katholischen Kirche. Und selbst die Frauenordination in der protestantischen Kirche ist nur wenige Jahrzehnte alt.

Foto: Stephan Schütze
Imamin Rabeya Müller (2.v.r.) war zu Gast beim Dortmunder Islamseminar. Foto: Stephan Schütze