Zu einem Marsch durch Teile der Dortmunder Innenstadt hatte die Dortmunder Szene von Rechtsextremisten am 9. Oktober aufgerufen. Anlass war der überraschende Tod des bekannten Dortmunder Nationalsozialisten Siegfried Borchardt einige Tage zuvor. Statt einer Beerdigung im Kreis der Angehörigen plante die ortsansässige Naziszene einen provokanten Marsch durch die Stadt. Dazu hatte der Telegram-Kanal der Partei „Die Rechte“ aufgerufen. Dem setzte der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus seinerseits eine Demonstration entgegen.
Dabei gehe es keinesfalls darum, Andenken eines Verstorbenen zu schmähen oder zu verunglimpfen, hieß es in der Stellungnahme des Arbeitskreises. Man sehe es aber als Provokation der demokratischen Stadtgesellschaft, wenn das Ableben eines überregional bekannten, bekennenden Nationalsozialisten, der sich selbst als „SS- Siggi“ bezeichnet habe, von der Nazi-Szene dazu genutzt werde, einen Marsch quer durch die Stadt zu veranstalten. Ein solch vermeintliches „Stilles Gedenken“ diene der Verherrlichung eines bekannten Rechtsextremisten und vielfach verurteilten Straftäters.
Siegfried Borchardt (1953-2021) war Funktionär der später verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und im „Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers“. Er gründete den rechtsextremen Hooligan„fan“club „Borussenfront“ und später die sogenannte „Kameradschaft Dortmund“ mit. 2014 in den Rat der Stadt gewählt, bezeichnete er sich selbst als „SS-Siggi“. Immer wieder wurde er zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zuletzt war er Kreisvorsitzender der Kleinstpartei „Die Rechte“.
Dass diese Partei als Veranstalterin des „Gedenkmarsches“ auftrat, habe nahegelegt, dass der Anlass auch dazu dienen solle, der in letzter Zeit stark geschwächten Dortmunder Naziszene öffentlichkeitswirksam zu neuer Aufmerksamkeit zu verhelfen, so die Vertreter*innen des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus.
Statt an einen rechten Straftäter gelte es vielmehr, an die Opfer rechter Gewalt aus den vergangenen Jahren zu erinnern. Bundesweit seien ihr seriösen Schätzungen zufolge seit 1990 nahezu 190 Menschen zum Opfer gefallen. Allein in Dortmund sind in diesem Zeitraum fünf Menschen von rechtsextremen Gewalttätern getötet worden. An sie erinnerte der Arbeitskreis mit fünf symbolisch aufgestellten Särgen.
„Gedenkt der Opfer, nicht der Täter!“ lautete das Motto, unter dem sich die Gegendemonstrantinnen und -demonstranten zusammenfanden. Unter ihnen waren auch der stellvertretende Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund, Michael Stache, der Co-Sprecher des Dortmunder Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus, Pfarrer Friedrich Stiller, weitere Vertreter*innen der Evangelischen Kirche in Dortmund sowie Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal.