08.05.2020

75 Jahre nach Kriegsende – Aufatmen, Verantwortung und Hoffnung

Der 8. Mai 2020 – ein besonderer Tag, zurückzuschauen und zu gedenken.

Eigentlich hätten sich viele Menschen heute allerorts versammelt, miteinander Gedenkfeiern begangen, Gottesdienste gefeiert. Auch für Dortmund war ein ökumenisches Friedensgebet in einer der großen Kirchen der Stadt geplant. Aber Gedenken in dieser Form ist derzeit nicht möglich, Versammlungen sind zu Zeiten der Corona-Pandemie untersagt.

Und dennoch bleibt dieser 8. Mai ein Tag des Gedenkens. Heute vor 75 Jahren ging der Weltkrieg zu Ende, der Millionen von Menschen das Leben gekostet hatte. Er endete mit der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Am 8. Mai 1945 um 23.01 Uhr erging der Befehl, sämtliche Kampfhandlungen einzustellen.

Damit endete nicht allein der Krieg, der unendliches Leid über die Menschen in Europa gebracht hatte. Der 8. Mai bedeutete auch das Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland und Europa, mit ihrer Menschenverachtung, ihrem Größenwahn und ihrer vernichtenden Rassenideologie. Und zugleich war er der Beginn des Aufatmens, der erste Schritt hin zu Freiheit und Demokratie.

In der Rückschau ist dieser 8. Mai ein Tag der Befreiung, für die Völker der Welt, für die Menschen in Deutschland, vor allem aber für diejenigen, denen die nationalsozialistischen Verantwortungsträger Gewalt angetan hatten – Menschen, die aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer politischen Überzeugung, oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und misshandelt worden waren, Menschen mit Behinderung, mit psychischen Erkrankungen; Menschen, die anders waren, als es das braune Menschenbild vorzeichnete.

„Was damals geschah, ist nicht unsere persönliche Schuld“, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, in ihrer Videobotschaft. „Aber es bleibt unsere ewige Verantwortung. Und es mahnt uns dazu, wachsam zu bleiben, wann immer die Würde des Lebens auf dem Spiel steht.“
Gleichwohl hat sich auch die Evangelische Kirche vor 75 Jahren zunächst schwergetan, Verantwortung zu übernehmen. Der Theologe Martin Niemöller und andere Vertreter der ‚Bekennenden Kirche‘ rangen im Oktober 1945 dem Rat der neugebildeten Evangelischen Kirche in Deutschland das sogenannte ‚Stuttgarter Schuldbekenntnis‘ ab. Darin formulierte der Rat nach kontroverser Debatte eine Mitschuld der Kirche an den Entwicklungen in der Zeit des Nationalsozialismus: „Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“
Die Erklärung mündet in eine Hoffnung, die auch nach 75 Jahren ähnlich formuliert werden könnte: „Wir hoffen zu Gott, dass durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen, dem Geist der Gewalt und der Vergeltung, der heute von Neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.“

Präses Annette Kurschus über Gedenken, Verantwortung, Hoffnung und Frieden

Zum 8. Mai 2020 (75 Jahre Ende des 2. Weltkrieges) spricht Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, über Gedenken, Verantwortung, Hoffnung und Frieden.

Sie tut dies an einem besonderen Ort, nämlich auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof in Schloß Holte-Stukenbrock, wo sich sich das "Stalag 326 (VI K) Senne", eines der größten deutschen Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht befand. Die Toten dieses Stammlagers, 40.000 bis 65.000, sind auf dem Friedhof begraben.

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