Ein Film über Flucht und Vertreibung im Salon der Querdenkerinnen
Die Filmemacherin Karin Kaper war mit ihrem vielbeachteten Film „Aber das Leben geht weiter“ zu Gast im Salon der Querdenkerinnen. Eingeladen hatte die Frauen- und Gleichstellungsarbeit im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund.
Der Film erzählt die dramatische Geschichte von drei polnischen und drei deutschen Frauen aus verschiedenen Generationen, deren Lebenswege am Ende des Zweiten Weltkrieges miteinander verwoben werden.
„Mir war es wichtig, auch die polnische Sicht auf Flucht und Vertreibung zu zeigen, und nicht nur die deutsche“, sagte Karin Kaper im Salon. Karin Kaper, Jahrgang 1959, besuchte als 16-Jährige zum ersten Mal das Dorf, in dem ihre Mutter Ilse mit ihren Geschwistern und Eltern aufgewachsen sind. Niederlinde, das heute Platerówka heißt, liegt nur 25 Kilometer von Görlitz entfernt. Der Besuch dort habe sie sehr geprägt.
Die Frauen im Film erzählen ihre Geschichte unkommentiert, mit gebremsten Emotionen. Da ist Edwarda Zukowska, geboren 1924. Ihrer Familie wurde 1945 der Hof von den Sowjets zugesprochen, auf dem Kapers Mutter mit ihren Eltern und Geschwistern aufgewachsen sind. Zuvor erlebte sie die Deportation durch die sowjetische Armee aus den polnischen Ostgebieten nach Sibirien.
Edwarda: „Wir schliefen mit zwei oder drei anderen Familien in Baracken auf dem Boden.“ Sie hätten selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen. Kleidung und Bettzeug tauschten sie gegen Lebensmittel. 1941 brachten sie die Sowjets nach Kirgistan. 1943 erhielt Edwarda die Einberufung zur Roten Armee.
Ilse Kaper und ihre Familie flüchteten vor der heranrückenden sowjetischen Armee. „Wie kehrten aber zurück, als die Front nicht näher kam.“ Ein fataler Fehler. „Die SS sprengte auf ihrem Rückzug Brücken und als die russischen Soldaten doch nach Niederlinde kamen, kamen sie nicht weiter.“ Statt weiterzuziehen, plünderten und vergewaltigten sie.
Die Frauen und Mädchen ihrer Familie hätten sich tagelang auf dem Dachboden versteckt. 1945 verließen sie Niederlinda erneut, dieses Mal in Begleitung der Sowjets, die sie bis Tauchritz (Görlitz) brachten.
Einige Zeit später kehrten sie ungehindert erneut auf ihren Hof zurück. „Wir mussten weiße Armbinden tragen, damit wir als Deutsche zu erkennen waren“, erinnert sich Ilse Kaper.
Noch ein Jahr hätten sie auf dem Hof, der nun Edwardas Familie gehörte, gearbeitet. Edwardas Vater überwachte die Arbeiten.
1946 mussten alle Deutschen das Dorf verlassen. Eine Stunde Zeit hätten sie gehabt, um das Wichtigste zusammenzupacken. Ilse Kaper: „Wir wussten nicht, wo wir hingebracht werden sollten. Wir stiegen in Züge und merkten während der Fahrt erleichtert, dass es Richtung Westen geht.“
Sie lebt heute in Bremen. Edwarda lebt immer noch auf dem Hof im ehemaligen Niederlinda.