15.02.2016 // "Weite wirkt"

Arbeitsrechtsverletzungen in Entkernungsfabriken

Baumwolle galt lange Zeit als weißes Gold. Auch für die Menschen, die von der Saatgutherstellung bis zum Weben am Prozess zum fertigen Endprodukt tätig waren. Unser Baumwoll-T-Shirt ist auch heute noch durch viele Hände gegangen.

Südwind stellt Studie vor

Baumwolle galt lange Zeit als weißes Gold. Auch für die Menschen, die von der Saatgutherstellung bis zum Weben am Prozess zum fertigen Endprodukt tätig waren. Unser Baumwoll-T-Shirt ist auch heute noch durch viele Hände gegangen.

„Doch die Menschen, die vom Baumwollfeld bis zur Nähmaschine an diesem T-Shirt mitgearbeitet haben, können von dieser Arbeit kaum leben“, ist das Ergebnis einer Studie des Südwind Instituts.

Dr. Sabine Ferenschild von Südwind berichtete aus der Studie über die Arbeitsbedingungen in der Baumwollgewinnung in Indien mit einem besonderen Blick auf die Entkernungsfabriken. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Jahresthemas 2016 „Weite wirkt“ statt.

Film „Gefangen in der Baumwoll-Kette“ zeigt Arbeitsbedingungen

Zum Einstieg zeigte die Sozialwissenschaftlerin im Reinoldinum den Film „Gefangen in der Baumwoll-Kette“. Er berichtet über eine Reise nach Indien und über die Weiterverarbeitung der Baumwolle.

Der Bundesstaat Gujarat im Westen Indiens ist der bedeutendste Baumwollproduzent innerhalb des Landes und damit ein Hauptzentrum der Baumwollentkernung. Die Entkernung der Rohbaumwolle ist nötig, um die wichtigste Naturfaser in der Textilindustrie zu gewinnen.

Die Entkernungsindustrie siedelt sich in der Nähe der Anbaugebiete an, weil die nicht entkernte Baumwolle in Volumen und Gewicht viel aufwendiger zu transportieren wäre als die Baumwollfasern, die nur rund 40 Prozent des Gewichts der Rohbaumwolle ausmachen.

In Gujarat waren Ende 2014 insgesamt 762 Entkernungsfabriken in Betrieb, die sowohl Baumwolle aus Gujarat wie auch aus den benachbarten Bundesstaaten verarbeiteten. In den Fabriken sind rund 55.000 Beschäftigte zum größten Teil als Saisonarbeitende tätig. Fast 90 Prozent von ihnen kommen aus zum Teil weit entfernten Gebieten Indiens.

Arbeit in 12-Stunden-Schichten

Die von Südwind interviewten Beschäftigten hatten keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Sie wohnten auf dem Betriebsgelände, meist in einem kleinen Zimmer zu mehreren Personen. Der Betrieb läuft in zwei 12-Stunden-Schichten. Ruhetage werden nicht bezahlt.
In den vier Betrieben, die Südwind besuchte, wussten die Befragten nichts von gewerkschaftlichen Aktivitäten oder einer Arbeitnehmervertretung. Lohnabrechnungen gab es dort nicht.

Die Entlohnung lag zwischen 150 und 190 Rupien für zwölf Stunden Arbeit. Die Löhne lagen unter dem 2014 in Gujarat gültigen Mindestlohn für einen Acht-Stunden-Tag von 229 Rupien, knapp drei Euro.

Die größten Arbeitsrechtsverletzungen sieht Südwind im 12-Stunden-Schicht-System, der Unterschreitung des Mindestlohns und in fehlenden Sicherheitsausrüstungen. Die Beschreibungen der Arbeitswelt, die die 34 Interviews aus vier Entkernungsfabriken liefern, sind laut Südwind verallgemeinerbar.

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Foto: Stephan Schütze
Über die schlechten Arbeitsbedingungen in der Baumwollproduktion informierte Dr. Sabine Ferenschild (links) von Südwind. Veranstalter waren die Werkstatt Ökumene Eine Welt und die MÖWe.