27.02.2018

Auf dem Grund des Bechers wartet Gott

Quantenphysik und Nahtodforschung: es gibt eine Welt hinter unserer Welt.

Unser Bewusstsein ist unendlich. Es existiert auch nach unserem Tod weiter. Davon ist Andreas Neyer überzeugt. Nein, Prof. Dr. Andreas Neyer hat mit Esoterik nichts am Hut. Der Physiker leitet an der TU Dortmund das Arbeitsgebiet Mikrostrukturtechnik der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik.

Was ihn so sicher macht in seinem Standpunkt sind Erkenntnisse der Quantenphysik und der Nahtodforschung. Hier lassen sich, so Neyer, „Spuren einer Welt hinter der Welt“ finden. In seinem gleichnamigen, spannenden Vortrag in der Pauluskirche hat er einem interessierten Publikum „ein Blick nach drüben“ gegeben.

Es gibt mittlerweile – neben einigen älteren - mehrere neue und umfangreiche klinische Langzeitstudien zu Nahtoderfahrungen. Diese Studien legen Ergebnisse vor, die es nach dem gängigen wissenschaftlichen Weltbild überhaupt nicht geben dürfte: klinisch tote Menschen erleben bewusst außerkörperliche Erfahrungen, sehen sich selbst auf dem Operationstisch, beschreiben einen Übergang in eine jenseitige Welt.

Die übereinstimmende Folgerung der Studien: es gibt ein Bewusstsein, das unabhängig von intakten Gehirnfunktionen ist. „Denn wie könnte jemand ein sehr klares Bewusstseinserleben außerhalb des Körpers haben, während er klinisch tot ist und das Gehirn zeitweilig nicht funktioniert“, so die niederländische van-Lommel-Studie.

Neyer ist deshalb davon überzeugt, dass es ein körperloses Bewusstsein gibt, das auch während des Sterbeprozesses weiter existiert und vermutlich auch den Tod überdauert. Er ist als Physiker mit dieser Meinung nicht alleine. Zahlreiche Naturwissenschaftler sind mittlerweile von der Existenz einer unsterblichen Seele überzeugt. Das Bewusstsein sei genau wie Raum, Zeit, Materie und Energie ein Grundelement der Welt.

Eine Erklärung dafür, so Neyer, lasse sich in der Quantenphysik finden. „Obschon sie so verrückt ist, ist sie die beste Theorie, die die Physiker entwickelt haben“, sagt er. Die Quantenphysik eröffne eine Denkmöglichkeit für eine Welt hinter unserer Welt, die aus der Struktur der Quantenteilchen resultiere. Sie belege, dass die allerkleinsten Dinge, die Quantenteilchen, nichtmateriell sind. „Außerhalb unserer sichtbaren Welt“, sagt Neyer, „gibt es einen Quantenhintergrund.“ Der bilde ein Muster, dessen Abbild wir in unserer Welt sehen.

„Die Kirche tut sich nicht leicht mit diesen Auffassungen“, so Pfarrer Friedrich Laker von der Pauluskirche. Schließlich sind die Konsequenzen dieser Sichtweise auf das Gottes- und auch Menschenbild einschneidend. „Ich finde es wichtig“, argumentiert Pfarrer Laker, „dass sich die Kirche öffnet und sich auf ein weitgefasstes Gottesbild einlässt“.

Deshalb hatte die Pauluskirche mit Vortrag und mehreren „Philosophischen Abenden“ dieser Überzeugung breiten Raum gegeben. Denn in der Tat: die Erlebnisse in der Nähe des Todes berichten weder von einem richtenden Gott noch von der Erlösung durch Jesus. Ob Atheist oder Gläubiger, gleich welcher Religion oder Konfession – „man trifft dort auf reine Liebe und auf pure Vollkommenheit“, so einer der Berichte aus der Welt hinter der Welt.

Diese hintergründige Wirklichkeit ist es, die wir gewohnt sind, als „Gott“ zu bezeichnen. So hatte vor mehr als einem halben Jahrhundert der Nobelpreisträger und Physiker Werner Heisenberg formuliert: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.“

Foto: Stephan Schütze
Über die „Spuren einer Welt hinter der Welt“ berichtete Prof. Dr. Andreas Neyer in der Pauluskirche. Foto: Stephan Schütze