19.08.2020

'Auf die Bühne gestellt'

Der Seniorenbeirat der Stadt Dortmund startete seine Amtszeit mit einem Gottesdienst in St. Marien

Schon im 13. Jahrhundert begann der Rat der Stadt Dortmund seine neue Amtszeit mit einem Gottesdienst in der St. Marienkirche. Diese Tradition nahm jetzt der Seniorenbeirat der Stadt auf. Gerade neu von allen Bürgerinnen und Bürgern, die 60 Jahre und älter sind, gewählt, trafen sich Mitglieder des 27köpfigen Gremiums in der Stadtkirche St. Marien und feierten Gottesdienst. Den gestalteten ökumenisch Pfarrerin Beate Brauckhoff und ihr katholischer Amtskollege Ansgar Schocke.

Den Alten würden in der Bibel Aufgaben zugesprochen, die Weitsicht, Geduld und Weisheit erforderten, so Beate Brauckhoff. In ihrer Predigt verwies sie auf die Bilder und Beschreibungen, die dort über alte Menschen zu finden seien.

„Mit 60 Jahren beginnt in der Vorstellung der Bibel das Alter, in dem die Kräfte nachlassen“, so Brauckhoff. Aber „Menschen, mit denen Gott etwas vorhat, die werden alt!“ Noah etwa oder Abraham und sein Sohn Isaak. Auch Josef sei 110 Jahre alt geworden. Da habe man viele Jahre, um in seinem Leben etwas zu schaffen. „Graue Haare sind eine Krone der Ehre; auf dem Weg der Gerechtigkeit wird sie gefunden“, heißt es im Buch der Sprüche (16, 31).

Als gewählte Vertreterinnen und Vertreter dürften, ja sollten sie künftig Ihre Stimme und Ihre Erfahrung einbringen, wandte sich Beate Brauckhoff an die Frauen und Männer des Seniorenbeirats. Und sie zitierte den Theologen Karl Barth: Das Gebot Gottes rufe den Menschen, ganz der zu sein, der er dort und nur dort sein könne. „Es holt ihn also aus allen Zuschauerräumen heraus, stellt ihn auch nicht hinter, sondern … auf die Bühne mit der Aufforderung, sein Verslein alsbald so gut oder so schlecht zu sagen, als es ihm eben jetzt gegeben ist.“

„Ihre Zeit, auf die Bühne zu treten, ist jetzt“, ermutigte Beate Brauckhoff die frisch Gewählten. „Wie gut, dass es Menschen gibt, die bereit sind, für die die Stimme zu ergreifen, die viel zu wenig gesehen werden in unserer Gesellschaft.“

Anders als im biblischen Jerusalem säßen die Alten in Dortmund auf dem E-Bike oder im Wohnmobil oder auf dem Segelboot. „Sie wühlen im Schrebergarten oder schreiben Blogs im Internet. Betreuen die Enkel oder die eigenen Zweit- oder Dritt-Kinder“, so Brauckhoff. Und es gebe auch die vielen anderen, die aus ihren Wohnungen heraus müssten, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten oder weil sie nicht mehr allein dort bleiben könnten. „Sie gehen putzen, solange es noch geht oder sammeln Flaschen.“ Ihnen allen könne der Seniorenbeirat mehr Gehör verschaffen.

Die Fürbitten des Gottesdienstes gestalteten Mitglieder des Seniorenbeirats selber. Sie baten um Segen und Geleit für ihre künftige Ratsarbeit und für das Wirken aller Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.

„Vor ergrautem Haar sollst du aufstehen, und einen Alten sollst Du ehren“, so heißt es im dritten Buch Mose. Pfarrerin Brauckhoff: „Einander Ehre zu erweisen, dafür ist niemand zu alt oder zu jung.“

Foto: Stephan Schütze
Pfarrerin Beate Brauckhoff und Pfarrer Ansgar Schocke gestalteten den ökumenischen Gottesdienst zum Amtsantritt des Dortmunder Seniorenbeirats.