22.06.2016 // Berufsfindung für Flüchtlinge

Binärcode und Leonardokuppel

Es scheint quirlig zu sein, doch herrscht große Konzentration. Auf beinahe 400 Quadratmetern versuchen hundert junge Flüchtlinge Aufgaben zu lösen.

Praxistest: Berufsfindung für Flüchtlinge

Reinoldinum. Großer Saal. Es scheint quirlig zu sein, doch herrscht große Konzentration. Auf beinahe 400 Quadratmetern versuchen hundert junge Flüchtlinge mehrere Dutzend Aufgaben zu lösen.

Sie müssen ein Katzenhaus bauen oder Geheimnachrichten, die in einem binären Zahlencode geschrieben sind, entschlüsseln. Sie montieren eine Flechtkonstruktion namens „Leonardokuppel“ , vervollständigen Elektroinstallationen und fertigen einen Papierkasten an. Vier Tage lang läuft dieser Praxistest, der den Flüchtlingen ihre spätere Berufswahl erleichtern soll.

Das Ganze ist ein „Experiment“, so Heinz Bünger, Direktor der Dortmunder Volkshochschule. Gemeinsam mit dem Evangelischen Bildungswerk, der Stadtteilschule und dem Technikzentrum Minden-Lübbecke bot die VHS dieses Pilotprojekt an.

Der Hintergrund: Viele Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, können sich nicht oder nur ungenügend verständigen. Das erschwert die Berufsberatung, weil dem Berater durch ein Gespräch nur schwer klar werden kann, welche Interessen und Begabungen die geflüchteten Menschen mitbringen.

Das mehrtägige Praxistraining mit seinen Übungen aus zehn Tätigkeitsfeldern kann Neigungen und Eignungen der Flüchtlinge viel besser aufdecken – sogar für den Geflüchteten selbst. So zeigt Anke Staar vom Technikzentrum auf einen Flüchtling, der gerade an einer Leonardokuppel arbeitet. „In seiner Heimat war er Feuerwehrmann. Hier zeigt sich, dass er eine architektonisch und konstruktiv hochbegabt ist.“

Auch die Teilnehmenden fanden das Projekt prima. Sie konnten untereinander kommunizieren, sich helfen und zusammen arbeiten. Außerdem machten die vier Tage Praxistest deutlicher, wie man Sprachprobleme besser beheben kann.

„In den Sprachkursen  wissen unsere Lehrer jetzt genauer, was die einzelnen interessiert und wie man sie ´packen` kann“, berichtet Katrin Köster vom Evangelischen Bildungswerk. „Wir wollen so auch herausfinden“, ergänzt Bünger, „welche Möglichkeit es gibt, den Spracherwerb mit der Berufssuche zu verbinden.“

Ziel ist es, dass die hundert Teilnehmenden möglichst rasch eine Berufsausbildung bekommen. Die Informationen über ihre Stärken und Interessen gehen deshalb an die Arbeitsagentur.

Foto: Stephan Schütze
Bei der Konstruktion der „Leonardokuppel“ – einem von zehn Praxisfeldern, die bei dem Pilotprojekt getestet wurden.