Podiumsgespräch zum 35-jährigen Jubiläum des Weltladens Aplerbeck
Beim Fairen Handel ist es ein klein wenig so wie mit dem Glas Wasser. Ist es halb voll oder halb leer? Sind fair gehandelte Produkte eine boomende Erfolgsstory oder fristen sie ein Nischendasein? Beinahe 20 Prozent Wachstum im letzten Jahr sind Beleg für die Erfolgsstory; die deutsche Wirtschaft würde von solchen Zahlen träumen. Mit 2,4 Prozent Marktanteil sind die fair-trade Produkte trotzdem nicht aus der Nische rausgekommen.
Um den Fairen Handel und seine Zukunft ging es bei einem Podiumsgespräch des Aplerbecker Weltladens. Eingeladen hatte er anlässlich seines 35-jährigen Bestehens. Zum Thema „Verschiedene Wege – ein gemeinsames Ziel“ diskutierten Thomas Speck von der GEPA, Dieter Overath von Fairtrade Deutschland und Günter Schulz von der Werkstatt Ökumene Eine Welt. Jens Vierling vom Weltladen hat den Abend moderiert.
Vor zehn Jahren, so Dieter Overath, setzten fair gehandelte Produkte in Deutschland noch 50 Millionen Euro um, im letzten Jahr waren es 650 Millionen. Trotz dieser beeindruckenden Steigerung sieht Günter Schulz „viel Luft nach oben“. Denn, so rechnet er vor, das seien gerade mal rund zehn Euro pro Jahr und Bundesbürger. Nach wie vor sei nach Meinung von Thomas Speck der faire Handel in einer Nische, allerdings groß genug um sich zu differenzieren und unterschiedliche Wege einzuschlagen. Kontrovers wurde der Meinungsaustausch an genau diesem Thema. Muss fair drin sein, wo fair draufsteht; und zwar möglichst komplett? Oder darf man auch Kompromisse machen? Ja, man darf, war die Meinung von Overath. Hauptsache sei, dass der Produzent einen fairen Preis bekommt, auch wenn beispielsweise der Kakao anschließend mit „unfairem“ Zucker zur Schokolade wird. Das sei eine pragmatische Herangehensweise, um möglichst vielen Produzenten den Markt zum fairen Handel zu öffnen. Die reine Lehre vertrat Speck. Würde man diesen Weg einschlagen, dann würde der faire Handel verwässert. „Ich frage mich schon, wohin dann die Reise gehen soll.“ Schulz wies auf eine Verunsicherung der Verbraucher hin, die durch die verschiedenen und unterschiedlichen Label und Siegel ohnehin schlecht informiert würden. Der faire Handel, so Schulz, sei eine „Einstiegsdroge, um zu begreifen, welche gesellschaftlichen Veränderungen in den Ländern der Dritten Welt möglich sind.“