28.10.2016 // Science Slam in St. Reinoldi

Charmant und witzig

Fünf Forschende haben in St. Reinoldi das Publikum auf eine Reise durch ihre Wissenschaft mitgenommen. Es galt: zehn Minuten Redezeit, keine komplizierten Statistiken oder Fremdwörter.

Science Slam in St. Reinoldi - Wissenschaft in zehn Minuten

Franca Parianen ist Neurowissenschaftlerin. Was das ist? „Obschon ich es häufig erzählt habe, hat meine Oma immer noch keine Ahnung davon“, gesteht sie.

Das Publikum in der Reinoldikirche weiß jetzt zumindest ein klein wenig, über was Parianen so forscht. Denn sie ist Siegerin des Science Slam „fair-dächtig“, den die Stadtkirche St. Reinoldi Ende Oktober zusammen mit der Agentur Luups und dem Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe ausgerichtet hat. Und zwar, so Moderator und Poetry Slammer Jerome Vazhayil, „im 499. Jahr nach der Reformation“.

Drei Forscher und zwei Forscherinnen haben in der gut gefüllten Stadtkirche das hauptsächlich junge Publikum auf eine Reise durch ihre Wissenschaft mitgenommen. Bedingung für alle fünf: maximal zehn Minuten Redezeit, keine komplizierten Statistiken oder Fremdwörter. Ein witziger, lustiger und charmanter Vortrag war gefordert. Für staubtrockene Wissenschaftler also eine hohe Messlatte. Am Ende entschied der Applaus über den Publikumsliebling.

Klatschen, schreien, johlen – die Lautstärke im Publikum war deutlich: mit Abstand überzeugte die 27-jährige Parianen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzip mit ihrem Vortrag über die „Neurowissenschaft des Mitgefühls“.

Nach ihrer zehnminütigen Präsentation wissen die Anwesenden mehr darüber, wie die Spiegelneuronen im Gehirn unser soziales Verhalten steuern, was das mit der Evolution zu tun hat und warum wir manchmal nicht nur Freude, sondern auch Schadenfreude empfinden. Ihre „take home message“: „Der Mensch hat wahnsinnige soziale Fähigkeiten.“

Mit dabei bei der Wissenschaftsschlacht waren Jörg Höpfner, Soziologe aus Braunschweig, der in seinem Vortrag über soziale Gerechtigkeit „happyness und Gerechtigkeit für alle“ forderte.

„Wenn der Name zum Schicksal wird“ hieß es bei Nico Hofmeister, Politik- und Medienwissenschaftler aus Düsseldorf. „Chantal und Kevin haben keine Chance“, fasste er zusammen. „Wenn ein Kind einen Unterschichtsnamen trägt, wird es auch später in der Unterschicht bleiben.“

Die Erziehungswissenschaftlerin Nina Brück aus Frankfurt untersuchte die kindlichen Beziehungen zu Geschwistern und Freunden. Und Dr. Matthias Warkus, Philosoph aus Jena, gab seinem Vortrag den Titel „Entnazifizierung durch Bleigießen“. Denn die erste Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom Oktober 1945 wurde auf eingeschmolzenen Druckplatten von Hitlers „Mein Kampf“ gedruckt.

Wissenschaftliche Präsentationen, dazu in lockerer Form, in einer Kirche – das ist für Stadtkirchenpfarrerin Susanne Karmeier kein Gegensatz. „Das meinen manche, doch auch Martin Luther hat die Vernunft gelobt.“ Übrigens wird auch im 500. Jahr nach der Reformation in St. Reinoldi ein Science Slam stattfinden. Am  1. Oktober 2017. Schon mal vormerken.

Foto: Stephan Schütze
Forschungsergebnise verständlich präsentiert – das war das Ziel des Science Slam in der Stadtkirche St. Reinoldi.