21.01.2020

Christentum und Klimawandel

Welche Rolle spielen Christentum und christlicher Glaube in der Klimafrage? Diese Frage stand über dem Vortrag von Pfarrer Thomas Zeitler.

Der Klimaaktivist zeigte im Januar in der Paul-Gerhardt-Gemeinde Wege auf, wie die Religion theologisch begründet eine stärkere Hinwendung zur Natur und ein verändertes Handeln unterstützen kann.

Thomas Zeitler ist Mitglied bei Extinction Rebellion (XR), einer Bewegung, die mit bisweilen aufsehenerregenden Aktionen und Blockaden für das Klima auf die Straße geht. Die drei Forderungen von XR: Klimanotstandserklärungen („tell the truth“), CO2-Neutralität bis 2025 („act now“) und eine Infrastruktur schaffen („beyond politics“), in der der Klimawandel gelingen kann, mit zufällig per Los zusammengesetzten Bürgerversammlungen.

Thomas Zeitler, der Pfarrer im Lorenzer Laden und Kulturpfarrer an der Egidienkirche in Nürnberg ist, stellte eine „Theologie der Transformation“ vor, die auf vier häufig geäußerte Vorwürfe gegenüber Christen antwortet und die Klimafrage in den Mittelpunkt rückt.

Die Schöpfungserzählung, die den Menschen „quasi als Alien“ in eine fertige Welt setzt und ihn als die Krone der Schöpfung bezeichnet, sei „ursächlich schuld an dem Verhältnis des Menschen zur Natur heute“, so Zeitler. Es sei notwendig, uns als Menschen neu in die ökologischen Verhältnisse einzubetten. Dabei helfen könne die Vorstellung eines „kosmischen Christus“, der von Anfang an Teil der Schöpfung war und durch den auch der Mensch ein Teil dieser Welt ist.

Statt der Hoffnung auf das Jenseits, in dem das Jammertal überwunden ist und das Paradies wartet, müsse der Fokus auf die Hoffnung für das Hier und Jetzt gelegt werden: Mit dem Bild des auferstandenen Jesus als Gärtner vor Augen müssten auch die Menschen sich um die Natur kümmern und in einer Ausweitung der christlichen Liebesethik über die Nächstenliebe hinaus eine neue Dimension von Fürsorge für die ganze Schöpfung entdecken. „Wir brauchen eine neue Verbindung mit der Natur, aus der neues Handeln entsteht. Das wäre der wünschenswerte Weg, weil er ohne Zwang abläuft“, so Zeitler.

„Wir alle haben die Aufgabe, zu sagen, was Sache ist, und Heil und Unheil zu thematisieren: das, was uns droht, und das, was uns retten kann“, sagte Thomas Zeitler. Das prophetische Amt – „sag die Wahrheit“ – sei eine von drei Rollen, die Christinnen und Christen im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen könnten. In diesem Sinne verstehe er im Übrigen auch Greta Thunberg als Prophetin: Nicht als Vorhersagerin, sondern als Hervorsagerin dessen, was die Menschen nicht sehen wollen.

Nicht alle Christen müssten jedoch zu Klimaaktivisten werden und auf die Straße gehen. Auch das priesterliche Amt – der Dienst am Wohlergehen der Aktivisten und der Gesellschaft – und das königliche Amt seien Wege, um ein neues, verändertes Handeln religiös zu unterstützen.

Foto: Stephan Schütze
Pfarrer und Klimaaktivist Thomas Zeitler zu Gast in der Paul-Gerhardt-Kirche.
Foto: Stephan Schütze