06.05.2019

Damals wie heute Querdenkerin

Lesung und Vortrag von Ellen Widmaier

„Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass diese Thematik noch einmal so aktuell wird.“ Mit diesen Worten leitete Ellen Widmaier im Salon der Querdenkerinnen die Lesung aus ihrem 1992 erschienenen Roman „Eis im Schuh“ ein. Das Thema, um das es geht, ist sexualisierte Gewalt und Missbrauch von Frauen und Mädchen.

Der Roman erzählt die Geschichte von zwei Freundinnen, die eine Malerin in Irland, die andere zu Besuch aus Deutschland. Während des Besuchs kommt es zu einer schrittweisen Entdeckung und Annäherung an das, was die Malerin als Kind mit ihrem Onkel erlebt hat, der ebenfalls Maler war und sie später auch in die Kunstszene eingeführt hat. Ebenfalls mit der Thematik sexuellen Missbrauchs beschäftigen sich auch drei Gedichte von Ellen Widmaier aus ihrem Band „dort wo wir lagen“, die Ellen Widmaier im Anschluss vortrug.

Nach einer Pause mit der Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch präsentierte Ellen Widmaier im zweiten Teil des Abends zehn Thesen zum Stand der Frauenrechte und den Errungenschaften der Aufklärung. Die – nicht auf den ersten Blick offensichtliche – Verbindung zwischen der Romanlesung und der von Widmaier konstatierten Bedrohung der Aufklärung durch den Islamismus war der Titel der Veranstaltungsreihe: Sie verstehe sich als Querdenkerin und sei das auch mit „Eis im Schuh“ gewesen. „Zu der Zeit, als ich den Roman geschrieben habe, war sexueller Missbrauch in der Öffentlichkeit noch überhaupt nicht präsent.“ Heute sei das Thema dagegen weithin bekannt.

Als nicht dem Mainstream zugehörig fühle sie sich in der aktuellen Zeit jedoch in der Frage nach dem Islam bzw. Islamismus. In den Thesen, die sie im Zuge der Recherchen zu einem neuen Roman entwickelt hat, hält Ellen Widmaier Werte fest, die es zu verteidigen gilt. Darunter sei zuallererst die Säkularität, die strikte Trennung von Staat und Kirche bzw. Religion. Das Säkularitätsprinzip müsse sowohl in der christlichen Kirche weiterentwickelt werden als auch in Bezug auf den Islam.

Unterhalb eines offen auftretenden Islamismus in seiner gewalttätigen Form, der selbstverständlich von der Gesellschaft nicht akzeptiert würde, gibt es laut Widmaier eine Form des legalen, politischen Islam, der nicht gewalttätig auftritt und dessen Gefahr nicht erkannt werde. Das Ziel des Politischen Islams sei der Gottesstaat, dennoch gebe es zahlreiche Kooperationen und Allianzen, ob aus „Unwissenheit, politischer Blindheit oder Appeasement-Mentalität“. Mit dieser Haltung, für die es von den rund 30 Besucherinnen des Abends sowohl Beifall als auch kritische Rückfragen gab, sehe sie sich außerhalb des Mainstreams und somit als Querdenkerin.

Foto: Stephan Schütze
Ellen Widmaier (2.v.l.) war Gast im „Salon der Querdenkerinnen“. Foto: Stephan Schütze