11.10.2019

Das Salz der Erde

Dortmunder Kreissynodalvorstand informierte sich über ‚Kirche jenseits der Parochie‘

„Keine Angst vor der Kirche der Zukunft!“ So lautete ein Fazit, das die Dortmunder Delegation am Ende ihrer Reise nach Berlin zog. Projektbesuche und intensive Gespräche verschafften den Gästen aus Westfalen zahlreiche Impulse und Ermutigung. Der Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises, einschließlich seiner stellvertretenden Mitglieder, und der Dortmunder Ausschuss ‚Pfarrstellenplanung‘ informierten sich drei Tage lang über veränderte Strukturen, neue Entwicklungen und Projekte im Kirchenkreis Berlin-Mitte.

Dort, im Herzen der Hauptstadt, agiert die Evangelische Kirche seit längerer Zeit unter Voraussetzungen jenseits der tradierten Volkskirche. Mit einem Mitgliederanteil von weniger als 25 Prozent der Bevölkerung, einer großen Zahl von Single-Haushalten und einer hohen Fluktuation von Gemeindegliedern lässt sich kirchliche Arbeit vielerorts nur noch außerhalb parochialer Strukturen gestalten.

Doch das öffne zahlreiche Möglichkeiten für vitales Agieren, berichtete Dr. Bertold Höcker, Superintendent des Kirchenkreises. „Der heilige Geist hat uns das Geld genommen“, beschrieb der leitende Geistliche die Situation in Berlin-Mitte. Hier denke man zunehmend in kirchlichen Orten, weniger in Kirchengemeinden. Höcker beschrieb sein theologisches Konzept mit „Managing Diversity“.

Die Leitung des Kirchenkreises ermutige Pfarrpersonen und Gemeinden, neue Ideen und Projekte zu initiieren. Soweit erforderlich werde dafür eine Pfarrerin oder ein Pfarrer für eine begrenzte Zeit freigestellt. Nicht alle Projektideen ließen sich auf Dauer realisieren. „Man darf auch scheitern“, sagte der Superintendent. Wichtig sei ihm, dass Menschen aktiv und vital seien. Auch sollten sie, was sie beginnen, mit Lust tun. Dadurch entwickelten sich an vielen kirchlichen Orten besondere Profile.

„Wer sich nicht bewegen mag, muss es nicht tun“, bekräftigte Höcker. Niemand aber, dessen Konstrukt in Schieflage gerate, dürfe Solidarität einfordern, wenn er zuvor nicht zu eigenen neuen Ideen bereit gewesen sei.

Der Berliner Superintendent ermutigte, bei allen Ideen für Veränderung zu fragen, wie - nicht ob - etwas gehen könne. Gründe gegen ein Vorhaben gebe es immer. Wer vorankommen wolle, dürfe sich davon nicht einschüchtern lassen, ist sich Höcker sicher.

Neue Formen der Arbeit außerhalb parochialer Grenzen erforderten auch die Bereitschaft zu Kooperation und übergemeindlicher Zusammenarbeit. Entscheidend sei es, von der Sache her zu denken, nicht in Strukturen. So verteile die Synode mittlerweile auch Kirchensteuermittel nicht mehr allein nach der Zahl der Gemeindeglieder.

Auch besondere Kirchbauten werden in Berlin mittlerweile gemeinsam für unterschiedliche Nutzungen vermarktet. Das professionelle Management übernimmt eine kircheneigene Firma. Deren Erträge kommen der kirchlichen Arbeit zugute. Alle Kirchen bleiben aber Gottesdienstorte. „Wir halten daran fest, keine Kirche aufzugeben“, so der Superintendent.

Realitätssinn, gepaart mit Mut und Optimismus beeindruckten die Dortmunder Gäste. Die Mitglieder des KSV waren sich einig, dass sich nicht alle Projekte und Vorgehensweisen aus der Hauptstadtmetropole in die westfälische Großstadt übertragen ließen. Der Mut zur Veränderung aber, zu Vertrauen in Innovation und Kreativität sollte im Gepäck mit nach Dortmund kommen.

„Wir werden eine Kirche der kleinen Zahl sein“, prognostizierte Superintendent Bertold Höcker. Aber die Kirche werde auch in Zukunft großen kulturellen Einfluss haben. „Und dann können wir wirklich das Salz der Erde sein.“ In Berlin genau wie in Dortmund.

Foto: EvKkDo
Der erweiterte Dortmunder Kreissynodalvorstand vor historischer Kulisse der Berliner Parochialkirche.
Foto: EvKkDo