27.02.2018

Den Staat zum Jagen bringen

Veranstaltung zur strafrechtlichen Verfolgung von Rechtsradikalismus

Wie gehen Justiz und auch Polizei mit Rechtsradikalen um? Darum ging es bei einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus.

Prof. Franz-Josef Düwell von der Arnold-Freymuth-Gesellschaft, der Mitveranstalterin des Abends, warf der Justiz „eine gewisse Bequemlichkeit den Rechtsextremen gegenüber“ vor. Für den ehemaligen Bundesrichter Düwell ist die Justiz auf dem rechten Auge zwar nicht blind, doch habe sie „Sehschwächen“. Ein Vorwurf, den Arnold Plickert, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, zurückwies. Weder Polizei noch Justiz seien auf einem Auge blind.

Jutta Reiter, Dortmunder DGB-Vorsitzende, verwies auf ihre Erfahrungen am 1. Mai 2009. Damals hatten mehrere hundert Neonazis die DGB-Demonstration angegriffen. „Für den DGB brach eine Welt zusammen“, so Reiter. Und das auch deshalb, weil es drei Jahre dauerte, bis es zu einem Gerichtsverfahren kam und der Prozess selbst „mehr als irritierend“ war. „Das nutzen die Rechten aus“, so Reiter.

Pfarrer Friedrich Stiller von den Christen gegen Rechtsextremismus machte klar, dass sich in Dortmund die Rechtsradikalen „an der strafrechtlich relevanten Grenze“ bewegen. Das sei ein wichtiger Aspekt ihrer Vorgehensweise. Ergänzen konnte dies Manuel Kabeis, Strafrechtler aus Dortmund. Bei einem Strafverfahren, so Kabis, würden sich die Neonazis betont unpolitisch geben, leugnen, dass ihre politische Einstellung ursächlich für die Tat gewesen sei. Sie würden ihre eigene Rechtstreue betonen und ließen sich vor Gericht professionell verteidigen. „Es gibt Richter“, so Kabis, „ die sind mit solchen Verfahren überfordert.“

Volker Schmerfeld-Tophof, Leiter der Staatsanwaltschaft Dortmund, konterte mit Zahlen: 472 Verfahren gegen Rechtsextreme habe es hier gegeben, 70 seien angeklagt worden, lediglich drei Freisprüche habe es gegeben. „Darin sehe ich keine Ermutigung für den Rechtsextremismus.“

Auch wenn die Rolle der Justiz bei der Vorgehensweise gegen Rechtsradikale an dem Abend unterschiedlich gewertet wurde, so habe Repression und Strafrecht eine „eminente Bedeutung“ beim Kampf gegen den Rechtsextremismus. Das war die zentrale These von Dr. Bernd Wagner. Wagner war Leiter des Staatsschutzes in den fünf neuen Bundesländern und ist Mitbegründer von Exit-Deutschland, die Ausstiegswilligen aus der rechtsradikalen Szene hilft. Sein Tipp an die Akteure gegen die brauen Szene: „Umringen Sie sich mit intelligenten Juristen und bringen Sie den Staat zum jagen.“

Foto: Stephan Schütze
Vertreter von Exit-Deutschland und der Polizeigewerkschaft, der Auslandsgesellschaft und Backup-comeback, den Christen gegen Rechtsextremismus, dem DGB und der Arnold-Freymuth-Gesellschaft, Staatsanwaltschaft und Juristen diskutierten über das Thema der strafrechtlichen Verfolgung von Rechtsradikalismus. Foto: Stephan Schütze