04.05.2015 // Podiumsdiskussion im Theater

Der gläserne Mensch oder das virtuelle Feigenblatt

Ist es gut die Zukunft zu kennen? Wie viel Überwachung unserer Daten brauchen wir für unsere Sicherheit? Die lebhafte Diskussion zum Thema Big Data im Studio des Theater Dortmund bewies wie wichtig der Austausch über die digitale Gegenwart ist.

Podiumsdiskussion im Theater

Ist es gut die Zukunft zu kennen? Wie viel Überwachung unserer Daten brauchen wir für unsere Sicherheit?  Die lebhafte Diskussion zum Thema Big Data im Studio des  Theater Dortmund bewies wie wichtig der Austausch über die digitale Gegenwart ist. Felix Eichhorn (Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen) und Katrin Köster (Evangelische Bildungswerk Dortmund) hatten in Alexander Kerlin (Dramaturg Theater Dortmund) einen Kooperationspartner für einen gelungen Abend gefunden. Ausverkauft war das Doppelangebot von Theateraufführung und Podiumsdiskussion.

Derzeit ist „Minority Report“ auf der Dortmund Bühne der Publikumserfolg. Bereits 1956 schrieb Philip K. Dicks seine Kurzgeschichte, die von Steven Spielberg verfilmt wurde. Die Umsetzung für das Theater braucht die Hollywoodkonkurrenz nicht zu fürchten. Mit einer Collage aus Film, Puppenspiel und visuellen Effekten begeisterte Regisseur Klaus Gehre die Zuschauer.  2041 gibt es in Washington keine Mörder mehr. Grund dafür ist ein polizeiliches Frühwarnsystem namens PRECRIME – eine Mischung aus antikem Orakel und Computertechnik. Mörderische Absichten werden vor der Tat erkannt und der potentielle Täter verhaftet.   Ist es richtig, Menschen zu inhaftieren, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht schuldig sind?

Was das Stück noch in der fernen Zukunft ansiedelt, ist heute schon Wirklichkeit. Die Polizei München testet derzeit ein Software, das mithilfe von Statistiken Verbrechen vorhersagt. Das Programm ermittelt aus vergangenen Delikten Muster und leitet daraus Wahrscheinlichkeiten für künftige Einbrüche ab. Fast wie auf einer Wetterkarte können Einbruchsrisiken vorhersagbar werden.  Ein Beispiel, dass der Berliner Videokünstler Alexander Lehmann einbrachte. Lehmann ist bekannt geworden durch seine Kurzfilme, mit der er die Vorratsdatenspeicherung und Überwachung seitens des Staates kritisiert.  Der Einzelne könne zwar auf ein Smartphone verzichten, bar bezahlen und keine Flugzeuge mehr nutzen. Es fielen dennoch sehr viele Daten an, auf deren Schutz wir keinen Einfluss haben.

Konzerne nutzen Big Data vor allem für die gezielte Kundenbindung. Unser Einkaufsverhalten, Freizeitaktivitäten werden protokolliert und ausgewertet. Für Regisseur Gehre kein Grund zu Besorgnis. Für ihn ist Big Data vor allem Segen.  „Es ist gut die Zukunft zu kennen, denn erst dann kann ich mich frei entscheiden.“  Engagiert mischte sich das Publikum in die Diskussion ein. Am Ende waren sich alle einige: Big Data ist ein Thema, das die Evangelische Bildungswerke auch in Zukunft intensiv im Programm behandeln sollten.

Foto: Stephan Schütze
Kirche und Theater fragen nach der Freiheit des Einzelnen im digitalen Zeitalter. Auf dem Foto (v.l.) Videokünstler Alexander Lehmann, Moderatorin Kerstin Hanke, Regisseur Klaus Gehre und die Veranstalter Alexander Kerlin, Katrin Köster, Felix Eichhorn