03.04.2017 // 125 Jahre Bachchor

Die biblische Botschaft mit Musik und Tanz

Tanz vor dem Altar – lange verpönt. Ja, unsere Oma hätte ohne großes Nachdenken behauptet: „Das gehört sich nicht“.

Die Matthäus-Passion zum Geburtstag des Bachchors

von Hartmut Neumann

Tanz vor dem Altar – lange verpönt. Ja, unsere Oma hätte ohne großes Nachdenken behauptet: „Das gehört sich nicht“. Dabei spielt doch auch der Tanz im „Buch der Bücher“ immer wieder eine Rolle, von Anfang an.

Mittlerweile erscheint es selbst in frömmsten Kreisen akzeptiert, dass gerade Musik und Tanz sich hervorragend ergänzen können, um die Botschaft der Bibel weiterzugeben, verständlich zu machen.

Das nutzte nicht zuletzt der Dortmunder Bachchor in seinem Jubiläumsjahr, als er vierzehn Tage vor Ostern das Ballett Dortmund in die Reinoldikirche einlud, um gemeinsam Bachs Matthäuspassion lebendig werden zu lassen.

Gleich dreimal (wegen der großen Nachfrage) wurden dafür die Tore des altehrwürdigen Gotteshauses in der Dortmunder City geöffnet, erlebten Musik- und Ballettfreunde gleichermaßen eindrucksvolle Deutungen des Passionsgeschehens, das der Leipziger Thomaskantor erstmals am Karfreitag 1729 zur Aufführung brachte.

Reinoldi-Kantor Klaus Eldert Müller, der in seiner Begrüßung freimütig zugab, „lange davon geträumt“ zu haben, hatte das eigentlich dreistündige Opus auf zwei Stunden gekürzt, durchaus sinnvoll angesichts heutiger Zuhör-Gewohnheiten.

Zwölf junge Tänzer aus verschiedenen Nationen waren von Ballett-Direktor Xin Peng Wang auf diese keineswegs alltägliche Präsentation optimal vorbereitet worden, konnten ebenso wie Vokal- und Instrumental-Akteure viel Applaus für sich verbuchen.

Routiniert wie eh und je ging gleichsam der Dortmunder Bachchor zu seinem 125. Geburtstag das grandiose Opus an. Getrennt durch die Tanzfläche, standen sich die Chormitglieder mit den entsprechenden Musikern direkt gegenüber, akustisch nicht unproblematisch, insbesondere im Hinblick auf die Einsätze der Beteiligten.

Mit dem „Barockorchester Consortium Musica Sacra Köln“ hatte man dankenswerterweise ein Spitzenensemble verpflichtet, das durch die filigrane Art des Musizierens nachhaltige Eindrücke hinterließ. Vor allem die Bass-Arie „Komm, süßes Kreuz“, begleitet von Stefan Rath auf der Barock-Laute, motivierte die Besucher zu spontanem Beifall.

Selbst als bei der Vor-Premiere auf der Tanzbühne ein Notenständer umfiel, hatten Musiker und Tänzer das Geschehen routiniert im Griff. Insbesondere der „Evangelist“ (Markus Francke, Tenor) sowie die beiden Bassisten Harald Martini und Gregor Finke trugen neben der Sopranistin Martina Schilling zu dem positiven Gesamt-Eindruck bei.

Raffinierte Licht-Effekte verhalfen den Besuchern der drei Veranstaltungen zu lange im Gedächtnis haftenden Erlebnissen. Als letztlich der Schlusschor „Wir setzen uns in Tränen nieder“ erklang, platzierten die Tänzer eine Kerze auf dem in Kreuzform konstruierten Tanzboden, transportierten damit signifikant die Ermutigung der biblischen Botschaft in den Kreis der Besucher, ließen jenseits des Passionsgeschehens bereits das Osterlicht leuchten, den Abend mit der Botschaft von Hoffnung und Leben ausklingen.

Foto: Stephan Schütze
Die Matthäus-Passion getanzt – das konnten die Besucherinnen und Besucher in der Stadtkirche St. Reinoldi bei der Aufführung des Bachchors bewundern.