Seit 1954 fördert die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund e. V. die Begegnung mit der Vielfalt des jüdischen Lebens in ihrer Stadt, wendet sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung und tritt für eine offene und respektvolle Gesellschaft ein. Dabei engagiert sie sich aktuell mit Erfolg für die Gewinnung junger Mitwirkender und Interessierter. Eine Herausforderung ist die Auseinandersetzung mit der Lage in Nahost.
Annette Back, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Wellinghofen, ist im Vorsitzenden-„Trio“ des Vorstandes, das sich aus einem jüdischen, einem evangelischen und einem katholischen Mitglied zusammensetzt. Im Vorstand finden sich unterschiedliche Vertreter*innen der Dortmunder Stadtgesellschaft. Etwa 280 Mitglieder hat der Verein. Auf das bisher Erreichte können sie stolz sein! Allein ein Blick in den Veranstaltungskalender auf der Homepage derGesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) zeigt, dass man sich in Dortmund facettenreich mit dem jüdischen Leben auseinandersetzen kann. Die GCJZ und andere Akteure, wie die Jüdische Gemeinde, die Volkshochschule oder der Evangelische Kirchenkreis veranstalten Lesungen, Konzerte, Infoveranstaltungen, Kabarett, gesellige Beisammensein und vieles mehr.
Kürzlich war die Nahost-Expertin und Journalistin Nicola Albrecht da. In ihrem Vortrag hat sie beide Perspektiven in den Blick genommen und von dem Leid der Menschen in Israel und Palästina gesprochen. Von dem furchtbaren Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 mit Mord, Qual, Vergewaltigung, Raub und Geiselnahmen und dem Leid, das der darauffolgende Krieg über die Menschen im Gazastreifen bringt.
Auch innerhalb der GCJZ wirft die aktuelle Lage natürlich Fragen auf, die besprochen werden. Solidarität und moralische Verpflichtung auf der einen, die Äußerung von Kritik auf der anderen Seite. Die Diskussionskultur an sich wird diskutiert.
Seit einem Jahr ist die Zahl der antisemitischen Straftaten auch in Dortmund gestiegen, die Polizeipräsenz dementsprechend auch. „Die Menschen jüdischen Glaubens haben mehr Angst“, sagt Annette Back. „Ich kenne Menschen, die ihre Halskette mit dem Davidstern nicht mehr tragen.“ Die Mitglieder der GCJZ setzen ihre Arbeit mit unverminderter Kraft fort. Dabei gelingt es ihnen aktuell, immer mehr junge Menschen zu interessieren.
Im vergangenen Jahr haben sie sich zweimal auf den „Weg der Verbundenheit“ gemacht. Fast 180 Dortmunderinnen und Dortmunder, darunter viele Jugendliche, vom Standort der alten Synagoge bis zur neuen, vorbei an Orten der Erinnerung und mit einer erfrischenden Pause an der koscheren (muslimischen!) Eisdiele. „Wir möchten gezielt die Jüngeren interessieren“, ist ein Anliegen Annette Backs. „Zur Jubiläumsfeier kommt ein jüdischer Rapper, der erste in der deutschen Branche; wir haben ein neues frisches Logo, laden zu Veranstaltungen in farbenfrohen Locations ein; Gedenkveranstaltungen werden von Schülerinnen und Schülern gestaltet – auch von Musliminnen und Muslimen.“
Die GCJZ will offen sein: Für Jung und Alt, für Menschen anderer Glaubensgemeinschaften, für Diskussionen.
„Wir bewegen uns mehr als andere Organisationen sehr bewusst zwischen Ernsthaftigkeit und Lebensfreude“, sagt Annette Back. „Wir tragen eine große Verantwortung, und möchten dies mit einer gewissen Leichtigkeit tun.“
Ein Spagat, der sich lohnt.
anhe