28.01.2016 // Holocaust-Gedenktag

Die Gewalt steht vor Augen

Internationaler Holocaust-Gedenktag am 27. Januar im Rathaus – auf den Tag genau 71 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die sowjetische Armee.

Internationaler Holocaust-Gedenktag 2016

Shoa, Holocaust, Völkermord – viele Begriffe gibt es für den Massenmord der Nazis an den europäischen Juden. „Sechs Millionen jüdische Kinder, Frauen und Männer sind in den Vernichtungslagern ermordet worden. Neben ihnen auch Roma und Sinti, politische Gegner und Homosexuelle.“ Mit diesen Worten begrüßte Carsten Griese, evangelischer Pfarrer und Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Anwesenden in der Bürgerhalle des Rathauses.

Gekommen waren sie zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar – auf den Tag genau 71 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die sowjetische Armee. Mit dabei im Rang eines Majors war damals David Dushmann. Ebenfalls mit dabei war der jetzt 92-Jährige beim Gedenktag im Rathaus.

Als Deutschland die Sowjetunion überfiel war er 18 Jahre alt, wurde Soldat in einer Panzerabteilung. „Es war eine sehr schwere Zeit.“ Diesen Satz wiederholte er gleich zweimal. Als gegen Kriegsende seine Abteilung hinter Warschau weiter gegen Westen vorrückte, hätten sie den Befehl bekommen, das Lager Auschwitz zu befreien. Sein Wunsch heute für uns alle: in Glück und in Frieden leben zu können.

Referentin des Abends war Dr. Imke Hansen von der Universität Uppsala. Die gebürtige Dortmunderin sprach zum Thema „Auschwitz als zentrales Symbol des Holocaustgedenkens“. Das Konzentrationslager sei Herrschaftsinstrument der Deutschen gewesen, Teil der Rüstungsproduktion mit drei Hauptlagern und 49 Nebenlagern und schließlich mit dem Bau von Auschwitz-Birkenau ein Todeslager.

Im besetzten Polen sei es schnell bekannt geworden als ein Ort, von dem man nie mehr zurückkomme. Weil hier auch Angehörige des polnischen Widerstandes inhaftiert waren, hätte es den Ruf als Ort des Widerstandes bekommen. „Dort, wo die Helden, wo die Hoffnung inhaftiert war.“

Bemerkenswert: bereits während ihrer Haftzeit hätten die Häftlinge über die spätere Bedeutung und Ausgestaltung von Auschwitz diskutiert. Es sollte ein lebendiges Denkmal werden, „ein Ort, an dem etwas wächst, lebt und entsteht.“ Die ehemaligen Häftlinge waren im Nachkriegspolen ausschlaggebend für die Entstehung der Gedenkstätte, hatten sie doch jetzt wichtige Funktionen inne – bis hin zum Präsidenten.

Nur wenige Wochen nach der Befreiung kamen nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda 30.000 Menschen zum ersten Gedenkgottesdienst in das ehemalige Lager. 1947 wurde die Gedenkstätte eröffnet. „Es gibt wenige Orte“, so Hansen, „an denen uns die Gewalt so vor Augen steht.“

Veranstalter des Gedenkens waren die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund e.V. in Kooperation mit dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB), der Auslandsgesellschaft NRW e.V., der VHS Dortmund, der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, dem Jugendring Dortmund, dem Schulreferat des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund und der DGB-Jugend.

Foto: Stephan Schütze
Ein dichtes Programm hatten die Veranstalter für das Holocaust-Gedenken im Rathaus zusammengestellt.