25.01.2016 // Suppenküche Kana

Die Händler aus dem Tempel jagen

Hermann Steinkamp ist ein bedächtiger und überlegter Mann. Doch am Schluss seines Vortrages kann man spüren, wie zornig er ist. Der Professor für Theologie und zweifache Doktor machte Ende Januar in der Suppenküche Kana an der Mallinckrodtstraße den Aufschlag zur diesjährigen Vortragsreihe bei Kana.

Vortrag von Prof. Hermann Steinkamp in der Suppenküche Kana

Hermann Steinkamp ist ein bedächtiger und überlegter Mann. Doch am Schluss seines Vortrages kann man spüren, wie zornig er ist. Der Professor für Theologie und zweifache Doktor machte Ende Januar in der Suppenküche Kana an der Mallinckrodtstraße den Aufschlag zur diesjährigen Vortragsreihe bei Kana.

In Rage geredet hatte er sich, weil die Ausbeutung, „die Räuberei“, wie er es nennt, sich in den letzten Jahrzehnten verschlimmert hat. Und damit meint er sowohl die Ausbeutung bei uns als auch die der dritten Welt.

„Über die Räuberei auf der Straße nach Jericho“ hatte er seinen frei gehaltenen Vortrag genannt. Mit ihm bot er eine neue und aktuelle Auslegung des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter.

Von seinem Freund, dem Limburger Alt-Bischof Franz Kamphaus, stammt der Satz, Christen müssten nicht nur immer wieder den Überfallenen auf der Straße nach Jericho beistehen, sondern sich auch im Kampf gegen die Räuberei auf dieser Straße engagieren.

Für diese Räuberei fand Steinkamp deutliche Worte: „2008 hatte man hunderte von Milliarden Euro, um die Banken zu sanieren. Damit hätte man nahezu ganz Afrika vom Hunger befreien können.“

Früher, so Steinkamp, sei die Politik der Kontrolleur der Wirtschaft gewesen. Heute gebe es eine große Koalition von Politik und Wirtschaft. „Die Ökonomie des Neoliberalismus führt die einzelnen Staaten in eine Konkurrenzposition“. 

Dass die Globalisierungsverlierer als Gäste der „Tafel“ abgespeist würden mit nicht mehr verwertbaren Resten von Nahrungsmitteln sei eine „zynische Tatsache“.  „Ich finde, dieses ganze System ist eine einzige Schweinerei“.

Es ist Steinkamps theologische Überzeugung, dass die Fähigkeit, sich von dem Leiden anderer berühren zu lassen, von der Nähe Gottes zeugt. Wie in dem genannten Gleichnis gebe es auch heute Institutionen, die den Schwachen helfen – was wichtig sei.

Doch es seien Basisgemeinden und Selbsthilfegruppen, die in der Nähe der Schwachen seien und sich in diesem Sinne von ihrem Leiden berühren lassen.

Die kurz aufbrandenden Diskussion, wo sich Kana selbst verorte, beantwortete Bernd Büscher von Kana so: „Wir sind eine Basisgemeinde; allerdings gibt es seit 25 Jahren einen ungeheuren Druck, Institution zu werden.“

Ganz zum Schluss bekannte sich Steinkamp dazu, zornig geworden zu sein. „Ich schäme mich noch nicht mal dafür, denn auch Jesus hat die Händler aus dem Tempel verjagt.“

Foto: Stephan Schütze
Prof. Dr. Hermann Steinkamp (Bildmitte) hielt in der Suppenküche Kana einen engagierten Vortrag über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter.