„So viele junge Gesichter – das ist ja toll!“ Die beiden leicht ergrauten Damen aus Asseln schauen sich staunend um. Alle Tische im großen Saal des Gemeindehauses St. Remigius sind voll besetzt, es wird geplaudert und gelacht, im Hintergrund stimmen zwei junge Musikerinnen von der Musikhochschule noch ihre Instrumente. Keine Frage: Das Durchschnittsalter beim 5. Interreligiösen Frauenmahl, das in diesem Jahr mit einem Fastenbrechen – Iftar – gefeiert wird, ist niedriger als sonst oft bei Veranstaltungen in der Evangelischen Kirche üblich. Ob es daran liegt, dass heute auch Vertreterinnen der Jüdischen Gemeinde Dortmund, vom muslimischen Sophia e. V., von der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit und vom Gleichstellungsbüro der Stadt anwesend sind – oder vielleicht daran, dass das Thema „Gastfreundschaft“ eben auch jüngere Frauen anspricht – es spielt keine Rolle. Die etwa 80 Frauen, die der Einladung in die Noah-Kirchengemeinde im Nordwesten der Stadt gefolgt sind, haben einen bereichernden Abend, mit interessanten Impulsen, anregenden Gesprächen und einem köstlichen Buffet.
„Wer Gastfreundschaft übt, bewirtet gleichzeitig Gott“ – mit diesem Zitat aus dem jüdischen Talmud eröffnet Rachel, eine Vertreterin aus der Jüdischen Gemeinde Dortmund, den offiziellen Teil des Abends. „Ein Gast ist ein Segen“, ergänzt Superintendentin Heike Proske als Vertreterin des Evangelischen Kirchenkreises, die eine sehr persönliche Geschichte aus ihrer Zeit in der Seemannsmission beisteuert. Und die Muslima Fatimar Hazir fasst schließlich zusammen: „Die beste Tat eines gläubigen Menschen: Einladen und gastfreundlich sein!“ Ihre Überlegung, dass so manche Einladung vielleicht nur deshalb nicht ausgesprochen wird, weil man die Arbeit scheut, die ein „perfekter Abend“ machen könnte, kennen wohl die meisten der anwesenden Frauen – zumindest nicken sie alle zustimmend. „Irgendwie machen wir uns da immer selber Stress – dabei geht es doch ums Zusammensein, und nicht um die perfekt aufgeräumte Wohnung oder ein überbordendes 5-Gänge-Menü“, formuliert eine Besucherin und erntet dafür viel Zustimmung.
An diesem Abend gibt es beides – viel herzliche Gastfreundschaft und ein üppiges Buffet, das sowohl halal als auch koscher verwöhnt. Für viele der Gäste ist es die erste Teilnahme an einem Fastenbrechen, und so erklären sich die Frauen an den interreligiös besetzten Tischen die Regeln im Ramadan, plaudern aber auch über alltägliche Erlebnisse und schwärmen gemeinsam über den Nachtisch. Begegnung auf Augenhöhe, ohne Berührungsangst und Scheu – so einfach kann interreligiöser Dialog auch in politisch schwierigen Zeiten funktionieren. Die Veranstalterinnen sind am Ende des Abends hocherfreut. „Das war sicher nicht unser letztes Interreligiöses Frauenmahl“.