05.04.2022

„Ein kleiner Kirchentag, ganz groß“

Mensch-Tier-Schöpfung stehen im Mittelpunkt

Drei Tage standen in und rund um die Pauluskirche der Evangelischen Lydia-Kirchengemeinde Anfang April die Rechte von Tieren und die Zukunft der Landwirtschaft im Zentrum der fünften Kirchentages Mensch-Tier-Schöpfung.

Zum Auftakt sprach Superintendentin Heike Proske ein Grußwort. „Ein kleiner Kirchentag ganz groß“ sei angekündigt worden, sagte sie. Mit dem Verweis auf Psalm 23 „Gott weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser“, führte sie aus, dass Gott sich um uns kümmere. „Um frisches Wasser, genug zu essen, aber auch um unser sonstiges Wohlergehen. Wir sollen keine Angst haben müssen in unserem Leben“.

Doch zweifelten Menschen angesichts des Krieges in der Ukraine und immer noch erschreckend hoher Inzidenzzahlen an dieser Zusage Gottes. Und „Ja!“, allen Sorgen zum Trotz, müssen „wir uns um eine spürbare Wendung in Landwirtschaft und Ernährung kümmern“, so Superintendentin Proske weiter. „Wir machen uns die Konsequenzen unseres Handels für Menschen, Tiere und Schöpfung nicht bewusst. Unsere Erde, Gottes Schöpfung und all seine Geschöpfe leben in Beziehungszusammenhängen. Ob wir wollen oder nicht. Es hat Auswirkungen, was wir in Dortmund essen, pflanzen, verbrauchen.“ Es gehe darum, „den globalen Zusammenhang in der Stadt- und Zivilgesellschaft vor Ort zu erkennen und sich dafür einzusetzen, dass dieses Bewusstsein wächst.“

Am Abend des Eröffnungstages stand ein Vortrag von Christiane Huxdorff (Greenpeace Deutschland) mit dem Titel „Für Klima, Natur und Mensch – weshalb wir eine neue Landwirtschaft brauchen.“ auf dem Programm. Darin beschäftigte sie sich zunächst mit dem Einfluss des Krieges in der Ukraine auf die Lebensmittelversorgung in Deutschland und der Welt. „Die Menschen in Deutschland spüren drastisch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine.“ In der Ukraine und in Russland würden 30 Prozent dessen an Getreide angebaut, was global benötigt werde. Das habe gravierende Auswirkungen auf die Welternährung. Besonders betroffen seien Länder, die selbst keinen Weizen oder Mais produzieren. In erster Linie beträfe das viele Länder in Afrika und Asien. „Die Grundversorgung in Europa ist gesichert“, ist sich Christiane Huxdorff sicher. Um die Abhängigkeit von Getreideimporten zu reduzieren, müsse der Fleischkonsum und die Fleischproduktion reduziert werden. Das bedeute auch, dass keine Lebensmittel im Tank und im Futtertrog landen. Die Lebensmittelverschwendung müsse gestoppt werden. Es dürfe keine Spekulationen mit Lebensmittel mehr geben und die Green-Deal-Ziele müssten beibehalten oder auch verschärft werden.

Christiane Huxdorffs Fazit lautet: „Ja, wir brauchen eine andere Landwirtschaft. Dazu gehört aber auch eine Änderung unserer Ernährungsgewohnheiten. Und: Tiere gehören auf die Weide.“ Im Anschluss an den Vortrag unterhielt Nic Koray, Gründerin des Begegnungshofes HerzBerg Herdecke, die Gäste des Kirchentages mit Liedern, Bildern und Geschichten.

Als „deutschlandweit bekannte Lama-Pfarrerin“ stellte Pfarrer Friedrich Laker Pfarrerin Ulrike Schaich am zweiten Tag des Kirchentages vor. Im Gespräch mit Pfarrer i. R. Dr. Ulrich Seidel, Vorsitzender des Vereins „Aktion Kirche und Tiere e. V.“ (AKUT), erzählte sie per Videoschaltung von ihrer Arbeit mit diesen Tieren. Lamas habe sie bei einem Aufenthalt in Ecuador kennengelernt. Da sei sie im Alter von neun Jahren zu Besuch bei einer Tante gewesen. „Da hat mich wohl das Lamavirus gepackt.“ Lange habe es „geschlummert“, sei aber vor gut zehn Jahren wiederbelebt worden. Was dann als Hobby begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer besonderen Pfarrstelle. Heute ist sie Pfarrerin für Schöpfungsspiritualität. Die ersten Wanderungen mit Lamas machte sie mit der Familie und mit Freunden. Später kamen dann auch fremde Menschen hinzu, die an Wanderungen mit den Tieren interessierten waren. „Lamas sind neugierig auf uns Menschen.“ Es seien aufgeschlossene, aber auch eigenständige Tiere, die nichts vom Menschen erwarten. „Sie nehmen uns, wie wir sind, sind nur an uns selbst interessiert.“ Und sie signalisierten ganz deutlich: „Ich nehme dich so, wie du bist.“

Während der Wanderungen werden die Tiere an der Leine geführt. Mensch und Tier gäben sich dabei ein Versprechen: „Ich nehme dich mit in die weite Welt und bringe dich auch wieder nach Hause.“ Danach gefragt, wie sie das tägliche Arbeitspensum, Pfarrstelle, Familie, Pferd, Hund und natürlich die Lamas, bewältige, antworte Ulrike Schaich: „Es fühlt sich nicht nach Arbeit an. Es gibt nichts Entspannenderes als Ausmisten.“ Und außerdem helfe ihr Mann gelegentlich mit.

Am Nachmittag standen zahlreiche, informative Vorträge auf dem Programm. Der kulturelle Abend „Für die Würde der Tiere“ mit Daniela Böhm (Lesung) und Sabine Lindner (Musik) sowie der Segen zur Nacht beendeten den zweiten Tag.

Der letzte Tag des Kirchentages Mensch-Tier-Schöpfung begann mit dem Gottesdienst „Grüne Aue, frisches Wasser“ für Mensch und Tier in der Pauluskirche, zu dem auch Tiere herzlich willkommen waren. Die Predigt hielt Pfarrer i. R. Dr. Ulrich Seidel (AKUT). Nach weiteren Vorträgen am Nachmittag fand noch ein Konzert mit der Liedermacherin NETTE statt. Dabei wurde sie einmal von vier Kindern kräftig unterstützt, kleine technische Probleme inklusive. Mit einem Segen für Mensch und Tier und Schöpfung ging der Kirchentag zu Ende.

Während der Veranstaltungstage präsentierten sich u. a. Greenpeace, der Begegnungshof HerzBerg Herdecke, Foodsharing Dortmund und AKUT an ihren Ständen. Weiter im Angebot waren auch Aktionen für Kinder sowie Kunstausstellungen. So war etwa das Kunstobjekt „Dicke Erna CO2“ von Leo Lebendig auf der Altarbühne in der Pauluskirche zu sehen.

Foto: Stephan Schütze
Eröffneten den Kirchentag Mensch-Tier-Schöpfung (v.l.): Superintendentin Heike Proske, Pfarrer Friedrich Laker, Pfarrerin Sandra Laker, Pfarrer i.R. Dr. Ulrich Seidel, Nic Koray (HerzBerg Herdecke) und Musikerin Sabine Lindner.
Foto: Stephan Schütze