Sich selbst bezeichnete er als „Kind des Ruhrgebiets“, als ersten Vertreter seiner Region wählte die Landessynode Hans-Martin Linnemann 1984 zum Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Seine Nüchternheit und Disziplin, seine Geistesgegenwart und Zugewandtheit trugen ihm weithin Anerkennung und Dankbarkeit ein. Jetzt ist der gebürtige Wittener im Alter von 93 Jahren gestorben.
Hans-Martin Linnemann war ein Mann voller Respekt für seine Mitmenschen. Seine Warmherzigkeit und sein Blick für die Belange von Kirchengemeinden und Engagierten sind vielen bis heute unvergessen. Seinen Dienst verstand er immer als Pastor, nicht als Funktionär – sein Ort war nah bei den Menschen. Wer sie damals und heute von ihm sprechen hörte und hört, der erkennt die große Dankbarkeit und Achtung vor dem ganz und gar unprätentiösen Kirchenführer Hans-Martin Linnemann.
Am 30. Dezember 1930 in Witten-Bommern geboren, verbrachte Linnemann Teile seiner Kindheit im Krieg in einem katholischen Pfarrhaus in Konstanz. Damals habe er „gelernt den anderen Glauben zu achten“, formulierte er später. Seine erste berufliche Station nach der Ordination 1958 führte Linnemann nach Münster, wo er bis 1965 als Studieninspektor im Hamannstift und Studierendenpfarrer wirkte. Im selben Jahr wurde er Pfarrer an St. Reinoldi in Dortmund, 1976 Superintendent des Kirchenkreises Lünen und Vorsitzender der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen. Im November 1984 wählte ihn die Landessynode zum Leitenden Geistlichen der Ev. Kirche von Westfalen.
Präses wurde er damit in einer Zeit umwälzender gesellschaftlicher Veränderungen. Der Fall der Mauer, das Ende der Apartheid in Südafrika, die Katastrophe von Tschernobyl, aber auch Massenarbeitslosigkeit und der Zuzug geflüchteter Menschen nach Deutschland prägten die Fragen, auf die Hans-Martin Linnemann evangelische Antworten suchte. Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung waren für ihn Themen, bei denen das Wort der Christen hörbar werden musste. Den Auftrag seiner Kirche sah er stets in Mission und Diakonie, in Seelsorge und Zugewandtheit. Weit über seinen Ruhestand hinaus hat Hans-Martin Linnemann als Seelsorger in seiner Kirchengemeinde in Bielefeld-Vilsendorf gewirkt.
„Linnemann trat nicht als ein Mann ‚großer Worte‘ auf; stattdessen hat er Gottes Wort groß gemacht. Darum hat sein Wort Gewicht - bis heute“, schrieb die frühere Präses Annette Kurschus zum 90. Geburtstag über ihren Vorgänger.
„Seine klare, nüchterne, freundliche Art, seine Bescheidenheit, seine bis zuletzt beeindruckende Geistesgegenwart – all das hat Hans-Martin Linnemann als Menschen und Kirchenführer in besonderer Weise ausgezeichnet. Mit diesen Gaben Gottes und des Ruhrgebiets hat er seiner Kirche gedient – Herrschaft war keine Kategorie für ihn,” so Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der EKvW.
Mit seiner Frau Magdalena war Linnemann bis zu ihrem Tod im Jahr 2021 63 Jahre lang glücklich verheiratet, die beiden wurden Eltern von fünf Kindern.
Am 2. Januar ist Hans-Martin Linnemann im Alter von 93 Jahren gestorben.
Der Trauergottesdienst findet am Samstag, 13. Januar in der Neustädter Marienkirche in Bielefeld statt. Die Beisetzung erfolgt zwei Tage später auf dem Dortmunder Hauptfriedhof.