08.03.2016 // Doku über den Alltag einer Sexarbeiterin

Eine andere Wirklichkeit der Prostitution

Sie bietet eine Dienstleistung an, aber nicht ihren Körper. Lena Morgenroth aus Berlin würde sich als Prostituierte bezeichnen lassen, doch sie selbst wählt lieber den Begriff der „Sexarbeiterin“.

Doku über den Alltag einer Sexarbeiterin

Sie bietet eine Dienstleistung an, aber nicht ihren Körper. Lena Morgenroth aus Berlin würde sich als Prostituierte bezeichnen lassen, doch sie selbst wählt lieber den Begriff der „Sexarbeiterin“.

So heißt auch der Dokumentarfilm, den der Regisseur Sobo Swobodnik über sie gedreht hat. Seit Anfang März läuft er im Kino. Unmittelbar nach seinem Start hat die Dortmunder Mitternachtsmission zur Filmpräsentation mit anschließendem Podiumsgespräch eingeladen.

Weite Strecken des 96-minütigen Streifens sind in ruhigen, ästhetischen Bildern gedreht. Seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen und der bewusste Einsatz des Spiels von Schärfe und Unschärfe lassen ihn an keiner Stelle ins Schmuddelige abgleiten.

Unkommentiert zeigt er ein vielseitiges, menschliches Porträt einer starken und klugen Frau in ihrem Arbeits- und Lebensalltag. Die studierte Informatikerin hatte sich nach ihrem Diplom gegen eine Karriere in einem Unternehmen entschieden und für eine selbstständige und selbstbestimmte Tätigkeit als Sexarbeiterin.

Die Diskussion um das horizontale Gewerbe wird weitestgehend durch Zwangsprostitution, drogenabhängige oder missbrauchte Sexarbeiterinnen bestimmt. Morgenroths Beispiel zeigt, dass es Menschen gibt, die freiwillig, mit Selbstbewusstsein und Würde der Sexarbeit nachgehen.

Man kann dem Film deshalb vorwerfen, dass er Sexarbeit glorifiziere. Der Regisseur Swobodnik legte in der Diskussion Wert darauf, dass er genau das nicht tue. Ja, er sei unausgewogen und subjektiv, weil er Zwangs- oder Armutsprostitution nicht thematisiere. Doch diese Einseitigkeit könne „Kino sich erlauben“.

Auf die Situation in Dortmund angesprochen, stellte Andrea Hitzke, Leiterin der Mitternachtsmission, klar, dass die Protagonistin des Films „für Dortmund nicht typisch ist“. Viele Frauen, auch wenn sie selbst sich dafür entscheiden, in der Prostitution zu arbeiten, hätten Probleme und würden ausgebeutet. Ganz zu schweigen von den Opfern von Menschenhandel.

Kriminalhauptkommissar Dirk Becker sieht die Rolle der Polizei darin, „die schwarzen von den weißen Schafen zu trennen“. Er und seine Kollegen seien „das ganze Jahr im Rotlichtbereich unterwegs“, um Straftaten zu bekämpfen und um zu verhindern, dass die Frauen, die freiwillig und selbstbestimmt in der Prostitution tätig sind, an kriminelle Hintermänner geraten.

Mehr gesellschaftliche Akzeptanz und Normalität für die Sexarbeit wünscht Heike Tassilo, Leiterin der Gewerbeabteilung des Ordnungsamtes. Der Film über Lena Morgenroth will dazu beitragen.

Foto: Stephan Schütze
Bei der Filmpräsentation (v.l., sitzend): Heike Tassillo (Ordnungsamt), Lena Morgenroth (Sexarbeiterin), Andrea Hitzke (Mitternachtsmission); stehend: Sobo Swobodnik (Regisseur), Bastian Pütter (Morderator) und Dirk Becker (Polizei Dortmund).