28.11.2023

„Enkeltaugliche Kirche“ trotz weniger Geld

Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreis Dortmund beschließt Haushalt

Von Nicole Schneidmüller-Gaiser

Die Weichen für eine „enkeltaugliche Kirche“ wollen sie stellen. Und das trotz sinkender Steuermitteleinnahmen, während die Mitglieder ihnen in immer größerer Zahl den Rücken kehren, während ihre Glaubwürdigkeit und Relevanz öffentlich diskutiert werden, bei steigenden Personal- und Energiekosten, und im Angesicht gigantischer Aufgaben in Sachen Klimaschutz. Bei all den Zahlen, mit denen sich die 220 Vertreterinnen und Vertreter der 28 Gemeinden aus Dortmund, Lünen und Selm auf der Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises kurz vor dem 1. Advent traditionell beschäftigen müssen, könnte man annehmen, dass es dem Kirchenparlament vor allem darum geht, wirtschaftlich zu bestehen. Doch Superintendentin Heike Proske erinnert in ihrem „Zwischenstand Zukunftsprozess“ eindrücklich daran, worum es im Kern wirklich geht: „Menschenfreundlichkeit, Gerechtigkeit, Frieden.“ Bericht von einer Synode in unruhigen Zeiten.

In diesem Herbst ist alles anders

Die Termine im Kalender der Evangelischen Kirche sind gut aufeinander abgestimmt. Entscheidungen und Ergebnisse werden von der Bundes- auf die Landesebene weitergegeben, und von dort gehen Zahlen, Aufträge und Gesetze zur Beratung und Umsetzung in die Kirchenkreise, zur Basis. Auf der Grundlage von Zahlen wird dort die Zukunft geplant. Eigentlich. In diesem Herbst ist alles anders. Wenige Tage nach dem Rücktritt der Präses Annette Kurschus am vergangenen Wochenende die nächste Hiobsbotschaft für die Evangelische Kirche von Westfalen: Wegen drastischer Kostensteigerungen und eines großen Finanzlochs wird die Genehmigung des Haushalts in Bielefeld mit Auflagen versehen; bis zum Sommer gilt dort eine Haushaltssperre. Und weil alles mit allem zusammenhängt, hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Kirche in Dortmund.

Das Ende der „stabilen Seitenlage“

Die „stabile Seitenlage“, die den Kirchenkreisen in den vergangenen zehn, 15 Jahren trotz sinkender Mitgliederzahlen Jahr für Jahr steigende Einnahmen beschert hatte, ist angesichts von weltwirtschaftlicher Unsicherheit und Inflation vorbei. Etwa 27,16 Millionen Euro stehen dem Evangelischen Kirchenkreis Dortmund im Haushaltsjahr 2024 insgesamt zur Verfügung. Das sind etwa 300.000 Euro weniger als im Vorjahr – bei deutlich steigenden Personal- und Energiekosten. Davon müssen erstmals laut Klimaschutzgesetz vorab 4 Prozent, etwa 1,1 Millionen Euro, einem Klimafonds zugeführt werden, um Maßnahmen zur Reduktion von CO2 zu realisieren. Für die Dienste des Kirchenkreises (1,6 Millionen), für die Arbeit in den 70 Kindertageseinrichtungen (2,0 Millionen) und für diakonische Aufgaben durch das Diakonische Werk in Dortmund und Lünen (950.000 Euro) sind per Beschluss fixe Summen eingeplant.

7,6 Millionen Euro für die Gemeinden

Den 28 evangelischen Kirchengemeinden zwischen Selm im Norden und Syburg / Auf dem Höchsten im Süden werden im kommenden 7,6 Millionen. Euro überwiesen; das entspricht einem Pauschalanteil in Höhe von 37,34 Euro je Gemeindeglied. Und für die Besoldung von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie die interprofessionellen Teams werden schließlich weitere 9,1 Millionen Euro statt bisher 8,8 Millionen benötigt. Insgesamt etwa 2030 Menschen werden so bezahlt, die in Gemeinden, Einrichtungen und Diensten, in der Verwaltung, als Küsterinnen, Pädagogen, Erzieherinnen oder Kirchenmusiker Kirche vor Ort lebendig machen.

„Was war und was ist unser gemeinsames Zukunftsbild?“, erinnert Superintendentin Heike Proske, die gemeinsam mit ihren beiden Kolleg*innen Leonie Grüning und Michael Stache die Sitzung leitet, die Synodalen an den eigentlichen Auftrag ihrer Kirche. „Was wünschen wir uns für unsere Kirche, für uns und unsere Nachkommen?“ Diese Fragen ließen nur eine Antwort zu: „Wir müssen aus unserer Beharrung herauskommen. Dazu ist Bewegung angesagt.“

Was für ein Vertrauen!

Bewegung – davon ist auf dieser Herbstsynode trotz negativer Zahlen reichlich zu spüren. Schulpfarrerinnen und Schulpfarrer berichten in einem eindrücklichen Film, wie sie – ganz ohne Kirchturm – junge Menschen erreichen und ihnen einen Zugang zum Glauben aufzeigen. Eine junge Klimamanagerin, Sina Marks, ist am 1. Oktober angetreten und verschafft sich derzeit einen Überblick über Gebäude, Menschen und Möglichkeiten. Sie wird dabei helfen, sinnvolle Konzepte für Modernisierungen und energetische Maßnahmen zu erarbeiten.

Der Haushalt eines Treuhandfonds, in den mehrere Gemeinden bereits vor Jahren ihr Vermögen eingebracht haben, schließt mit einem Überschuss ab. Ein positives Beispiel abseits des „Kirchturmdenkens“. Mehrere Theolog*innen stellen der Synode Ideen für eine gemeinsame Gebäudewirtschaft vor. Und für die Kitas des Kirchenkreises stellt die Synode 90.000 Euro bereit, um zeitnah die Ausstattung der 69 Einrichtungen mit PV-Anlagen oder Dachbegrünung prüfen zu lassen.

Die Lage ist ernst, die Weltlage erst recht. Doch es scheint, dass das Motto des Kirchentages 2019 die Dortmunder Christ*innen auch heute noch trägt: „Was für ein Vertrauen.“ Bange machen gilt nicht. Sie stellen sich den Herausforderungen.

Foto: Stephan Schütze
Reichlich Technik ermöglicht die Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises, die auch nach den Corona-Einschränkungen weiter digital durchgeführt wird. Im Sommer kommen die 220 Vertreterinnen und Vertreter real präsent zusammen.
Foto: Stephan Schütze

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