10.04.2015 // Weltgruppe Aplerbeck

Entwicklungshilfe wird Privatwirtschaft

Eine Welt ohne Armut und Not, das sei das Ziel der deutschen Entwicklungshilfe. So steht es zumindest auf der Internetseite des BMZ.

Vortrag bei der Weltgruppe Aplerbeck

Eine Welt ohne Armut und Not, das sei das Ziel der deutschen Entwicklungshilfe. So steht es zumindest auf der Internetseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Doch die Entwicklungshilfe wird immer mehr zur Hilfe für Agrarkonzerne und Investmentfonds. Das ist die Meinung von Roman Herre, Agrarexperte bei der Menschenrechtsorganisation FIAN (FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk).

Zu  seinem Vortrag über die Bekämpfung des Hungers hatte die Weltgruppe Aplerbeck der Evangelischen Georgs-Kirchengemeinde zusammen mit dem Arbeitskreis Eine Welt/REL der katholischen St. Ewaldi Gemeinde am 8. April eingeladen.

„Wir geben das Geld der Finanzwelt, wenn es der gut geht, wird es ein Wirtschaftswachstum geben und davon profitieren auch die Armen.“ Das sei, so Herre, seit einigen Jahren das Credo der „neuen Entwicklungspolitik mit neuen Partnern“. Immer mehr Akteure der Entwicklungspolitik würden deshalb die Unterstützung des Finanzsektors als wichtige Aufgabe ansehen. Dem kämen mittlerweile über die Hälfte des entwicklungspolitischen finanziellen Engagements zugute.

Dass die Rechnung nicht aufgeht, machte Herre an Beispielen deutlich: 2011 hatte das BMZ zusammen mit Banken im Finanzparadies Luxemburg den Fonds AATIF aufgelegt. Von diesem Fonds hat der Finanzinvestor Chayton Afrika einen Kredit in Höhe von zehn Millionen US-Dollar erhalten. Dieses Geld hat Chayton über seine sambische Tochterfirma Chobe Agrivision in die Expansion industrieller Großfarmen gesteckt.

Chobe kontrolliert heute rund 17.000 Hektar Land, das paramilitärisch abgesichert ist. Nach der von dem BMZ-Fonds mitfinanzierten Expansion hat Chobe Ende 2013 die Hälfte seiner Arbeiter entlassen. Auf dem Land werden jetzt Soja, Weizen und Mais angebaut werden – nicht etwa für die Hungernden, sondern für den gewinnbringenden Verkauf an der Johannesburger Börse.

Im Gegenzug zu solcher „Entwicklungshilfe“ erlassen die afrikanischen Regierungen Gesetzesänderungen, die den Landkauf für ausländische Investoren erleichtern und das Saatgut privatisieren.

Das Fazit, das Herre zieht: „Unter dem Banner der Armuts- und Hungerbekämpfung wird eine Politik vorangetrieben, die Eliten fördert. Gewinner sind Banken, Fonds und Konzerne.“

FIAN, 1986 gegründet, ist eine internationale Organisation, die sich für eine Welt engagiert, die frei von Hunger ist und in der jede Person Zugang zu den Ressourcen hat, die ihr ein Leben in Würde ermöglichen.

Foto: Stephan Schütze
Roman Herre (2.v.l.) von FIAN referierte über den zweifelhaften Weg, den die Entwicklungshilfe in den letzten Jahren eingeschlagen hat. Neben ihm die Veranstalter Jens Vierling, Eine Welt Gruppe Aplerbeck, Roswitha Goebel-Wiemers und Mieke Brinkmann, beide vom Arbeitskreis Eine Welt/REL.