01.12.2014 // Armenfürsorge

Geben um des Gebens willen

Etwas zieht sich wie ein roter Faden durch die drei abrahamitischen Religionen: den Armen geben um des Gebens willen. Egal ob es Almosen, Spenden, Zakkat oder Tzedaka genannt wird – Talmud, Koran und Bibel fordern gleichermaßen dazu auf, denen, die weniger haben als man selbst, ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Armenfürsorge in christlicher, jüdischer und islamischer Tradition

Etwas zieht sich wie ein roter Faden durch die drei abrahamitischen Religionen: den Armen geben um des Gebens willen. Egal ob es Almosen, Spenden, Zakkat oder Tzedaka genannt wird – Talmud, Koran und Bibel fordern gleichermaßen dazu auf, denen, die weniger haben als man selbst, ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Beim interreligiösen Abend, der im Reinoldinum stattfand, schilderten Pfarrer Friedrich Stiller, Rabbiner Avechai Apel und Imam Ahmad Aweimer das Thema „Armut und soziale Gerechtigkeit“ aus ihrer jeweiligen religiösen Tradition.

Den Anfang machte Rabbiner Apel von der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund: „Die Thora sagt, dass arme Menschen immer unter uns sind.“ Ausnahmen davon gebe es keine. Es gebe keine Möglichkeit, dass alle Menschen gleich seien. Ähnlich formuliert es die Bibel in Matthäus (Mt.) 26,6 ff.: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch.“

Apel weiter: „Arme Menschen sind kein Problem für die Gesellschaft, sie sind eine Herausforderung.“ Eine Herausforderung, die angenommen werden müsse. „Juden sind verpflichtet, dem Nächsten zu geben, dem sie nichts schuldig sind, was ihnen von Gott anvertraut wurde, obwohl ihnen Gott nichts schuldet.“ Auch der Ärmste in der jüdischen Gemeinschaft sei zu Tzedaka (Wohltätigkeit, eigentlich „Gerechtigkeit“) verpflichtet.

Pfarrer Friedrich Stiller griff die Verse aus Mt. 26,6 ff. auf: „Armut ist kein Ideal, sondern Realität.“ Den Armen gelte die besondere Fürsorge und Aufmerksamkeit Gottes. Sie seien bevorzugt im Blick auf die frohe Botschaft Jesu. „Den Armen soll geholfen, Armut überwunden werden.“

Dazu gebe es in der Bibel handfeste Regelungen. Besonders Paulus stelle in seiner Verkündigung „das Schwache“ in den Vordergrund: „Der Überfluss der einen, hilft dem Mangel der anderen. Das schafft einen Ausgleich.“

Für die Praxis benannte Friedrich Stiller fünf Punkte: Die Kollekte als praktische Hilfe und Zeichen der Verbundenheit, die Armenfürsorge als „Kultur der Barmherzigkeit“ zur unmittelbaren Linderung der Not, institutionalisierte, professionelle Hilfe (Diakonie und Caritas), die „Forderung an den Staat, ein armutsfestes Sozialsystem zu gestalten“ sowie die „Inklusion als Grundhaltung“.

„... Frömmigkeit ist vielmehr (...) und vom Besitz – obwohl man ihn liebt – den Verwandten gibt, den Waisen, den Armen, dem Sohn des Weges, den Bettlern und den Sklaven (für deren Freikauf), dass man das Gebet verrichtet und die Zakkat (3. Säule des Islams; eine Steuer, die Bedürftigen zugute kommt) entrichtet“, zitierte Imam Ahmad Aweimer, Rat der muslimischen Gemeinden Dortmund, eine Stelle aus dem Koran.

Ein jeder solle das Beste geben, das er hat und nicht nur das, was nicht mehr gebraucht werde. Beim Entrichten des Zakkats sei es wichtig, die Menschenwürde derjenigen zu achten, denen geholfen werde, und sie nicht zu erniedrigen. Wie im Christen- und Judentum sei Reichtum auch im Islam nicht von vornherein schlecht. „Man darf nur sein Vermögen nicht horten, sondern muss es ausgeben“, erläuterte Aweimer. Zakkat trage so dazu bei, „das eigene Vermögen zu reinigen“.

Foto: Stephan Schütze
Friedrich Stiller, Ahmad Aweimer und Avechai Apel stellten beim interreligiösen Abend „Armut und soziale Gerechtigkeit in den Religionen“ vor.