28.01.2015 // Holocaust-Gedenktag

Gegenwart von Schatten der Vergangenheit befreien

Unsere Zukunft ist die Vielfalt. Dessen ist sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau gewiss.

Holocaust-Gedenktag in der Bürgerhalle des Dortmunder Rathauses

Unsere Zukunft ist die Vielfalt. Dessen ist sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau gewiss. Auf der Veranstaltung im Rathaus anlässlich des Holocaust-Gedenktages Ende Januar, betonte er, dass „wir diese Vielfalt auch gegen die Angriffe der Rechtsextremisten verteidigen.“

Zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 hatte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund zusammen u. a. mit der Evangelischen Jugendkirche und dem Schulreferat der Evangelischen Kirche Dortmund eingeladen.

Pfarrer Carsten Griese begrüßte im Namen der Veranstalter die mehr als 200 Anwesenden: „Unsere Gesellschaft wird nicht durch Minderheiten bedroht, sondern durch die, die Vielfalt und Toleranz in Frage stellen.“

Zwar ist der Holocaust Vergangenheit, der jedoch in die Gegenwart hineinwirkt. Im Zentrum der Veranstaltung standen deshalb die Erinnerungen der Überlebenden. „Befreit wurden die Menschen in Auschwitz von der unmittelbaren Gefahr über Jahre hinweg“, so Peter Fischer von der Organisation Amcha (hebräisch: „Dein Volk“). Doch ein befreites Leben hätten sie nicht mehr gestalten können. „Ich kenne das Schweigen meiner Mutter und die Angstträume meines Vaters“. Fischer ist Initiator des 1987 von Überlebenden für Überlebende gegründeten Vereins, der alleine in Israel rund 200.000 Menschen betreut. Sie, die oft rein zufällig der sogenannten „Endlösung“ entkommen seien, hätten unter einem „unvergleichlichen psychischen Druck“ gestanden. 

„Die Schatten des Erlebten wichen nicht einer seelischen Entlastung nach der Befreiung.“ Das führe vor allem jetzt, in ihrem hohen Lebensalter, zu seelischen Erkrankungen, Depressionen und Psychosen. Sie im Kampf gegen die Traumata zu unterstützen, ihnen einen Lebensabend ohne Albträume und Ängste zu ermöglichen und die Gegenwart nicht von den Erinnerungen der Vergangenheit dominieren zu lassen, seien Ziel und Aufgabe von Amcha.

Ebenfalls um die Überlebenden kümmert sich das Projekt „Heimatsucher“. Aus ihren Erfahrungen mit Zeitzeugenbegegnungen berichtete Ruth Damm von „Heimatsucher“ über Strategien des Weitermachens nach dem Holocaust. Sie schilderte Menschen, die nach dem Unaussprechlichen die Kraft fanden, ihren eigenen Weg weiterzugehen und sich ein neues Zuhause aufzubauen.

Einen eigenen Beitrag zum Gedenken stellten die Grundschüler der Weingarten Schule am See in Hörde bei der Veranstaltung vor. Sie waren den Spuren von Bertha Mathilde Lewy, in den dreißiger Jahren ebenfalls eine Hörder Grundschülerin, und ihrer Familie gefolgt. Zunächst vor dem Terror in die Niederlande geflohen, musste sie sich nach der deutschen Besetzung verstecken und wurde schließlich 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert.

Musikalisch gestaltete ein Ensemble des Bert-Brecht-Gymnasiums die Gedenkveranstaltung.

Foto: Stephan Schütze
Holocaust-Gedenktag in der Bürgerhalle des Dortmunder Rathauses.