31.01.2020

Glück ohne Konsum

Nachhaltigkeitsforscher Paech in der Pauluskirche

Schluss, Aus, Ende. Die Wachstumsparty ist vorbei. Pflegen wir unseren Wohlstand weiter so wie bisher, dann stürzen wir in den ökologischen Abgrund. Auch ein „grünes“ Wachstum kann den Sturz, wenn überhaupt, nur verzögern, nicht aufhalten. Das ist die Botschaft von Dr. Niko Paech. Paech ist Professor an der Universität Siegen.

Es gibt, so der Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Nachhaltigkeitsforschung, nur einen Weg, die drohende Katastrophe abzuwenden: weniger Produktion und Konsum, Umbau des Wirtschaftssystems, Änderung unseres Denkens. Ende Januar hat er bei einem Vortrag in der vollbesetzten Pauluskirche, dem Auditorium gezeigt, „was eigentlich aus der Zukunft stammt“, nämlich die Skizze einer Postwachstumsökonomie.

„Wir wissen seit 45 Jahren, dass wir vor einer Katastrophe stehen und tun nichts anderes, als sie zu beschleunigen.“ Die Hoffnung vieler, die auf technische Innovation und „grünem“ Wachstum setzen, hält er für eine Illusion. Es habe, bis auf wenige und wohlbegründete Ausnahmen, noch nie ein Beispiel dafür gegeben, dass Technologie ein ökologisches Problem löst. Der Glaube, über „grüne“ Technik unseren wachsenden Wohlstand abzukoppeln von den ökologischen Schäden, die er verursacht, sei ein Glaube an die „Alchemie“.

„Wir leben derart über unsere Verhältnisse, dass eine Entkopplung nicht ausreicht.“ Beispiel? Aktuell ist jeder von uns verantwortlich für den Ausstoß von zwölf Tonnen CO2 pro Jahr. Das angestrebte 1,5 Grad-Ziel würde eine Reduktion auf ein Tonne erfordern. Der dringende Appell von Paech: „Wir müssen zurückkehren auf ein Niveau der Güterversorgung, das sich innerhalb ökologischer Grenzen bewegt und nicht mehr wächst.“

Im Klartext bedeutet das Wohlstandsverzicht. Ist das nicht ungerecht? Ist unser Wohlstand nicht begründet durch unsere Arbeit und unser Wissen? Nein, sagt Paech. Unser Wohlstand ist Resultat einer Plünderung. Der Plünderung der Umwelt und der Arbeitskraft der Menschen in der Dritten Welt. „Es gibt kein Recht darauf, das 50fache dessen zu verbrauchen, was Menschen an anderen Orten der Erde verbrauchen.“

Der Verzicht auf Konsum, davon ist Paech überzeugt, ist sogar ein Gewinn. Denn die Glücksforschung habe gezeigt, dass ab einer bestimmten Wohlstandsgrenze weiterer Konsum nicht mehr genossen wird. „Und diese Grenze haben wir erreicht.“ Zuviel Konsum mache krank; alleine die Zunahme von Depressionen und Burnouts in den letzten Jahren und Jahrzehnten zeige das. Menschliches Glück und Konsum seien verschiedene Dinge.

Befriedigung von Grundbedürfnissen, Genügsamkeit, regionale Ökonomie, Arbeitszeitverkürzung und damit Abschaffung der Arbeitslosigkeit, kürzere Versorgungsketten, gemeinsame Nutzung von Gütern, die langlebig produziert werden – das alles seien Bausteine einer Postwachstumsökonomie.

In der anschließenden Diskussion meldet sich ein älterer Mann. „Das alles ist einfacher, als man glaubt.“ Er und seine Frau würden bereits danach handeln: eigener Gemüsegarten, Second-Hand-Kleidung, kein Auto, nur eine halbe Arbeitsstelle – und viel freie Zeit, um glücklich zu sein.

  • Am 27. Februar lädt Pauluskirche und Kultur ein zur ausführlichen Diskussion
    über den Vortrag von Paech.
    Beginn ist um 18.30 Uhr in der Pauluskirche, Ecke Schützenstraße/Kirchstraße.
Prof. Dr. Niko Paech
Foto: Stephan Schütze