09.12.2019

Gott, ein Flüchtling

Adventlicher Gottesdienst in der Pauluskirche

„An Weihnachten feiern wir, dass Gott auf die Erde kommt. Gott, ein Flüchtling.“ So Pfarrerin Sandra Laker beim „Talk to heaven“, dem außergewöhnlichen Gottesdienst in der Pauluskirche.

Die Eltern von Jesus fliehen mit ihrem Kleinkind nach Ägypten, um Schutz vor König Herodes und seinen Gewaltabsichten zu finden. Schutz, Geborgenheit und Obdach – das suchen auch heute hunderttausende von Menschen. Ein überdimensional großes, orangenes Banner der „Seebrücke Dortmund“, aufgehängt im Altarraum der Kirche, erinnert die Besucher des weihnachtlichen Gottesdienstes daran. Auf ihm stehen Namen derjenigen, die auf der Suche nach einem Leben ohne Gewalt und Bedrohung im Mittelmeer ertrunken sind.

Bis zum Sommer waren es 35.597 Menschen, die namentlich bekannt sind, erläuterte Anja Rogge von der Lydia-Kirchengemeinde. „Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, sich dieser Gefahr auszusetzen?“ fragte Rogge, die den „Talk to heaven“ moderiert. Die flüchtenden Menschen standen im Mittelpunkt des Gottesdienstes und die Frage danach, welche Rolle die Politik und wir selbst spielen.

Gäste beim „Talk to heaven“ waren die „Seebrücke“, die sich für die Schaffung sicherer Fluchtwege einsetzt, der „Train of hope“, der sich für eine gesellschaftliche und kulturelle Integration von Flüchtlingen engagiert sowie die Studierendenbewegung „Grenzenlose Wärme“, die Hilfsgüter und Spenden sammelt. Für eine exzellente A Capella Musik mit (nicht nur) adventlichen Stücken sorgte das Ensemble „Vier komma Fünf“.

„Es gibt keine staatliche Seenotrettung mehr und immer mehr Häfen werden geschlossen“, beklagte Laura von der Seebrücke. Schlimmer noch, die Rettung von Flüchtlingen vor dem Ertrinken werde kriminalisiert. Dabei ist das, so Rogge, „kein Verbrechen, sondern eine Christenpflicht.“ Deshalb, so Pfarrerin Laker, habe die EKD beschlossen: „Wir schicken ein Schiff.“

Mit dem weihnachtlichen „Talk to heaven“ feierte die Lydia-Gemeinde zugleich den Abschied der Reihe. 84 aufwendig geplante und inszenierte Gottesdienste hatte das Team im Laufe von 21 Jahren auf die Beine gestellt. Doch das Ende von „Talk to heaven“ sei nicht das Ende von außergewöhnlichen Gottesdiensten, versprach Pfarrer Friedrich Laker. „Wir haben schon viele spannende neue Ideen.“

Foto: Stephan Schütze
Flüchtende Menschen heute und das Flüchtlingskind vor über 2.000 Jahren waren gemeinsames Thema beim „Talk to heaven“ im Advent.
Foto: Stephan Schütze