Islamseminar befasste sich mit Vaterunser und Al-Fatiha
„Lob sei Gott, dem Herrn der Welten, dem Barmherzigen und Gnädigen, der am Tag des Gerichts regiert.“ Nein, das stammt nicht aus der Bibel. Es ist ein Zitat aus der „Al-Fatiha“, zu Deutsch „Die Eröffnung“, die erste Sure des Koran. Für Muslime ist sie ein ähnlich zentraler Gebetstext wie für Christen das Vaterunser.
Um die Bedeutung der beiden Texte im christlichen und im muslimischen Glauben ging es bei der Veranstaltung des Islamseminars in der Abu-Bakr-Moschee. Der im interreligiösen Dialog engagierte evangelische Pfarrer Niels Back von der Kirchengemeinde Wellinghofen und der islamische Theologe Mehmet Soyhun sprachen über deren Stellenwert in Gebet und Gottesdienst, für Spiritualität und Seelsorge.
Habe man sich das Vaterunser erschlossen, dann, so Back, habe man die ganze christliche Botschaft verstanden. Auch deshalb sei es das „Herzstück unseres Glaubens“. Die Geschwisterlichkeit aller Menschen und die Gegenwart eines uns liebevoll zugewandten Gottes würden in dem Gebet ausgedrückt.
Deshalb habe es auch der Kirchenvater Tertullian im zweiten Jahrhundert als „Zusammenfassung der Evangelien“ charakterisiert. Es sei das einzige Gebet, das Jesus seinen Jüngern gelehrt habe und würde alle Christen verbinden – gleich ob evangelisch, katholisch, freikirchlich oder orthodox.
Mit beinahe der gleichen Begrifflichkeit, nämlich als „Herz“ des Islam, bezeichnete Soyhun die „Al-Fatiha“. Sie würde deshalb auch „Mutter des Buches“ (des Koran) oder „Der Schatz“ genannt. Sie sei ein „unverzichtbarer Teil des Gebetes der Muslime“, der übrigens zwingend in arabischer Sprache rezitiert werden müsse. Gott, der „Allerbarmer und Barmherzige“ würde in dieser ersten Sure als Schöpfer nicht nur der Menschen sondern der gesamten Welt dargestellt.
Bei allen Parallelen zeigte sich in der Diskussion doch eine Unterschiedlichkeit im Gottesbegriff der Christen und Muslime. So lehnte Soyhun die Bezeichnung „Vater“ für Gott ab. Ein gemeinsames Beten von Christen und Muslimen des Vaterunsers sei deshalb nicht möglich.
Eine entsprechende Frage hatte Back zuvor gestellt. Sie sei zwar ehrlich gemeint gewesen, so kommentierte er, doch auch „etwas provozierend“.