Die Dortmunder Mitternachtsmission e. V. unterhält bereits seit 1995 eine anerkannte spezialisierte Fachberatungsstelle für Prostituierte und Betroffene von Menschenhandel. Den Internationalen Gedenktag gegen Menschenhandel am 30. Juli hat das Team zum Anlass genommen, um über die aktuelle Situation in Dortmund zu berichten, über die schwierige Lebenssituation ihrer Klient*innen und wie sie als Fachberaterinnen helfen können.
„2022 haben wir 392 Opfer von Menschenhandel betreut. Ein großer Teil der Frauen ist schwanger oder bringt kleine Kinder mit. So waren wir 2022 auch für 340 Kinder der von Menschenhandel betroffenen Frauen mit zuständig“, sagt Andrea Hitzke, Leiterin der Fachberatungsstelle Dortmunder Mitternachtsmission e. V. „Von den 81 Kindern und Jugendlichen in der Prostitution, zu denen wir 2022 Kontakt hatten, wurden 25 als Opfer von Menschenhandel betreut.“
Die Gefahr, Opfer von Ausbeutung und Gewalt zu werden, sei für die jungen Mädchen, die sich prostituieren, sehr hoch. Viele würden durch Streetwork erreicht, andere erführen von dem Hilfeangebot durch Präventionsarbeit etwa an Schulen oder nähmen Kontakt über die Onlineberatung auf. Im Rahmen ihres dezentralen Unterbringungskonzeptes und der intensiven psychosozialen Beratung und Betreuung gewähre die Einrichtung überwiegend Frauen und Mädchen, zunehmend auch jungen Männern und Jungen, Schutz und umfassende Hilfe. Immer mehr von Menschenhandel Betroffene, insbesondere aus westafrikanischen Ländern, suchten hier Zuflucht und Unterstützung.
Aufenthaltsrecht für die Opfer gefordert
„Alle Betroffenen von Menschenhandel erreichen, niemanden zurücklassen!“ ist das Anliegen des diesjährigen Internationalen Tages gegen Menschenhandel. Bislang können ausländische Betroffene von Menschenhandel einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn sie im Strafverfahren als Opferzeug*innen gegen Täter*innen aussagen. Das setzt jedoch voraus, dass ein Verfahren überhaupt stattfindet und nicht, wie oft in diesem Bereich, eingestellt wird. „Nach einer Ausbeutungssituation sind von Menschenhandel Betroffene oft körperlich und psychisch hoch belastet. In dieser Situation stellt eine Aussage im Strafverfahren eine große Hürde dar, auch wenn sie grundsätzlich bereit sind, als Zeug*innen zur Verfügung zu stehen“, schildert Beratungsstellenleiterin Andrea Hitzke, die zugleich Vorstand des bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel (KOK e. V.) ist.
„Sie brauchen Zeit zur Stabilisierung, für Beratung, Zugang zu sicherer Unterkunft, zu medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung. Nur dann können sie auch Strafverfahren unterstützen“, ergänzt KOK-Geschäftsführerin Sophia Wirsching. Dies gelinge nur, wenn Betroffene Zugang zu Schutz und Opferrechten hätten. „Ein humanitärer Aufenthaltstitel ist dafür die Grundvoraussetzung.“