13.11.2019

Humor als Rettungsanker

„Der Junge muss an die frische Luft“ - Kino und Kirche in der Stadtkirche St. Reinoldi

„Wenne weißt, wat du willst, dann machet einfach und kümmer dich nicht drum, wat die Leute sagen!“ Der Satz von Oma Änne begleitete Hape Kerkeling durch seine Kindheit. Im Ruhrgebiet, zunächst auf dem Land und dann in Recklinghausen, umgeben von einer großen und feierwütigen Verwandtschaft, wächst der kleine Hans-Peter auf: Mit viel Humor, aber auch mit dem Schlimmsten, das einem Kind passieren kann.

Erzählt hat Hape Kerkeling seine Kindheitsgeschichte selbst in dem Buch „Der Junge muss an die frische Luft“. Die Verfilmung seiner Erzählung, mit dem neunjährigen Julius Weckauf in der Hauptrolle, war 2018 der best-besuchte deutsche Kino-Film und im November Mittelpunkt im Gottesdienst Kino und Kirche in der Dortmunder Stadtkirche St. Reinoldi.

Stadtkirchenpfarrerin Susanne Karmeier, Pfarrer Christian Höfener-Wolf aus Dortmund-Marten und Pfarrer Bernd Becker aus Bielefeld zeigten den Besucherinnen und Besuchern ausgewählte Filmszenen und setzten diese in Bezug zu Psalm 139. Wodurch werden wir die, die wir sind?

Der junge Hans-Peter sagt im Film: „Man muss sich eben entscheiden, ob man unfreiwillig komisch sein will oder ob man seine peinliche Erscheinung gezielt einsetzt.“ Er entscheidet sich für letzteres und entdeckt seine komische Seite, um seine Mutter zum Lachen zu bringen. Diese fällt nach dem Tod ihrer Mutter, Hans-Peters Oma Änne, und dem Verlust ihres Geruchs- und Geschmackssinns in Folge einer missglückten Operation in eine Depression.

„Vielleicht habe ich mich nicht genug angestrengt“, konstatiert Hans-Peter später. Denn auch seine Späßchen reichten nicht aus. Mit dieser Mischung aus Trauer, Scham und Schuld muss er und muss die ganze Familie nach dem Suizid seiner Mutter leben lernen. Die Welt scheint ein Trümmerhaufen. Und doch: „Es ist wichtig, dass man immer weiter geht. Man weiß ja nicht, was noch passiert. Vielleicht kommt noch etwas Schönes.“

Hape Kerkeling ging seinen Weg. Unterstützt und gestärkt von der großen Familie und von seinem Glauben, der für ihn von Anfang an eine Rolle spielte. „Selbst, wenn mir das Schlimmste widerfahren ist, der da oben hat mein Schicksal mit Gnade und Fürsorge verwaltet“, gibt Kerkeling in seinem Buch in eigenen Worten die Botschaft von Psalm 139 wieder: „Von allen Seiten umgibst du mich, ich bin ganz in deiner Hand.“

Auch der Beter dieses Psalms kämpft gegen Zweifel und Unglück, so Susanne Karmeier. Was hilft dabei, den eigenen Weg zu finden? Vielleicht die Gewissheit, dass Gott uns so nimmt, wie wir sind, und das aber nicht heißt, dass wir so bleiben müssen. Tieftraurig oder grundoptimistisch oder humorvoll.

Foto: Stephan Schütze
Das Kino und Kirche-Team und das Stefan Schöler Trio, das für die passende Musik während des Gottesdienstes sorgte.
Foto: Stephan Schütze