04.08.2022

„Ich lasse das Leben auf mich zukommen“

Dirk Schmiedeskamp, Leiter der Freiwilligendienste im Evangelischen Kirchenkreis, freut sich auf die Zeit nach der Berufstätigkeit

Im Abschied nehmen ist er eigentlich Profi. Denn es gehört zum Wesen der Freiwilligendienste, dass junge Menschen kommen und ein Jahr später wieder gehen – Dirk Schmiedeskamp hat als Leiter des Arbeitsbereiches viele hunderte von ihnen begrüßt und auch wieder verabschiedet. Doch jetzt sagt er selbst Lebewohl: Nach insgesamt 32 Jahren im Dienst der Evangelischen Kirche räumt Dirk Schmiedeskamp sein Büro in der Jägerstraße, und freut sich auf den nächsten Lebensabschnitt als Rentner. Ende Juli kamen noch einmal die Weggefährt*innen, um sich von einem hoch engagierten, stets besonnenen und dabei trotzdem kritischen Kollegen zu verabschieden. 

Pläne? Nein, Pläne schmiedet er keine für die Zeit „danach“. „Ich will mich nicht für lange Zeit festlegen und lasse das Leben jetzt erstmal auf mich zukommen“, sagt Dirk Schmiedeskamp ziemlich bestimmt. Während er noch die letzten persönlichen Dinge packt – natürlich während seines Resturlaubs, anders wäre es bei ihm nicht vorstellbar – fallen die Jahre der Verpflichtungen schon erkennbar von ihm ab. „Ich hoffe, dass ich gesund bleibe – und ich habe durchaus Lust, mich in Projekten zu engagieren. Aber dann muss auch wieder gut sein.“  

Bittet man ihn, über den Sinn von Freiwilligenarbeit zu sprechen, mag man kaum glauben, dass er sich wirklich konsequent zurückziehen will. Dirk Schmiedeskamp ist ein Überzeugungstäter, jemand, der fest daran glaubt, dass es Menschen bei der Persönlichkeitsbildung hilft, sich im Laufe ihres Lebens für andere zu engagieren – und zwar nicht nur jungen Männern und Frauen. „Auch für Ältere ist es eine gute Erfahrung“, betont der in Exter aufgewachsene Schmiedeskamp. Man merkt ihm seinen Ärger an, wenn er über die Äußerung des Bundespräsidenten Steinmeier spricht, der im Sommer einen sozialen Pflichtdienst für junge Menschen ins Gespräch brachte. „Ich bin absolut kein Freund eines Pflichtdienstes“, sagt er vehement und fordert stattdessen „eine bessere Ausstattung der Freiwilligendienste, zum Beispiel ein kostenloses ÖPNV-Ticket für alle Freiwilligen, weniger Bürokratie bei der Beantragung und die Anerkennung der Dienstzeit auf Ausbildung oder Studium. „Dann gäbe es automatisch noch mehr Freiwillige“. 

Neben dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), das in Deutschland schon seit mehr als 50 Jahren für Frauen und Männer möglich ist, tauchte nach der Abschaffung der Wehrpflicht 2011 der Bundesfreiwilligendienst auf. Damit sollte auch älteren Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich in sozialen Berufen auszuprobieren – während die Zivis der Vergangenheit junge Männer waren, die der Bundeswehr „entkommen“ wollten, sind BufDis und FSJler mittlerweile überwiegend weiblich. „Ich glaube, dass Männer sich mit sozialen Berufen tendenziell schwerer tun“, vermutet Schmiedeskamp. 

Sein eigener Weg schien eigentlich vorgegeben. Der Vater betrieb in Exter einen kleinen Maschinenbaubetrieb, in dem Dirk Schmiedeskamp schon als Schüler aushalf. Nach der mittleren Reife folgte die Ausbildung zum Maschinenschlosser und die Mitarbeit im Betrieb. Dann kam der Zivildienst, also eine Art FSJ ohne Freiwilligkeit, ein 16-monatiger Ersatzdienst für alle Männer, die nicht zur Bundeswehr wollten. Davor war noch eine „Gewissensprüfung“ zu bestehen, die für Dirk Schmiedeskamp mit einer Anerkennung als „Kriegsdienstverweigerer" endete und die Weichen für sein weiteres Berufsleben stellen sollte. 

„Ich war dann Zivi in einer Diakoniestation in Vlotho“, erinnert sich Dirk Schmiedeskamp. Er half beim Anziehen, beim Waschen, bereitete Frühstück vor. Bei den Einsätzen blieb, lange vor der Einführung der Pflegeversicherung, auch noch Zeit zum Reden. „Die Scheu vor Menschen, vor Krankheiten und Behinderung hatte ich so schnell verloren“, erzählt Schmiedeskamp. Die betreuten Menschen wuchsen ihm ans Herz. „Danach wusste ich zwar: Die Pflege ist nicht das Richtige für mich. Aber ich war mir nun sicher, dass ich mit Menschen arbeiten möchte und mein Weg im sozialen Bereich liegt“. 

Über eine Ausbildung zum Diakon, Erzieher und Gemeindepfleger landete Dirk Schmiedeskamp 1990 in der Jugendarbeit des Kirchenkreises Dortmund Süd – damals gab es noch fünf Kirchenkreise im Stadtgebiet. Von 2007 bis 2009 arbeitete er in der gemeinsamen Kontaktstelle Evangelische Jugend und stieg dann bei den Freiwilligendiensten ein.  

Die Chance, eine Berufsrichtung zu testen, um sich sicher zu werden – oder aber eben auch einen Beruf auszuschließen: Das sind für Dirk Schmiedeskamp bis heute gute Argumente für die Freiwilligendienste. Oft erlebte er, dass der Einsatz in einer KiTa, im OGS-Bereich, aber auch in einer diakonischen Einrichtung zu einem Berufswunsch führte. Manchmal half der Dienst aber eben auch bei der Entscheidung, einen anderen Weg zu wählen. 

Den Umgang mit jungen Menschen hat Dirk Schmiedeskamp stets als Bereicherung für sein eigenes Leben empfunden: „Das ist ein Schatz.“ Er beneide die „Jugend von heute“ nicht: „Da ist heute viel mehr Druck auf dem Kessel – und manche setzen sich auch selbst unter Druck. Das soll ihm selber nicht mehr passieren … 

Sie verabschiedeten sich von Dirk Schmiedeskamp (2.v.l.): Superintendentin Heike Proske, Jochen Schade-Homann, Ständig stellvertretender Superintendent Michael Stache. Foto: Stephan Schütze