Glauben heute
„Wie hältst du´s mit der Religion“ lässt Goethe im „Faust“ Gretchen fragen. Um diese „Gretchenfrage“ ging es beim „phil.podium“, dem ersten philosophischen Podiumsgespräch am 10. Oktober 2013 in der Pauluskirche.
Die Einlader des Abends hatten ein Experiment gewagt: einen evangelischen Theologen, einen buddhistischen Lama und eine Atheistin saßen auf dem Podium, um pro und contra Religion und um über den Sinn oder Unsinn des Glaubens zu diskutieren. Dabei wurde den rund 150 Anwesenden, darunter viele Jugendliche, schnell klar: das Experiment war gelungen.
Friedrich Laker, Pfarrer der Lydia-Kirchengemeinde, diskutierte mit Lama Tsewang aus Dänemark und der Regisseurin und Journalisten Daniela Wakonnig aus Münster.
Gleich vorab: Ein Streitgespräch wurde es nicht, sondern ein Gespräch unter Freunden. Man war sichtlich bemüht, auf den jeweils anderen zuzugehen. Denn es gab einen Grundkonsens, der nur jeweils anders formuliert wurde.
Die Schöpfungsbewahrung, so Laker, brauche ein Zusammengehen aller Religionen einschließlich der Atheisten. Und umgekehrt appellierte die Atheistin Wakonnig: „Lasst uns zusammenarbeiten, um die Welt besser zu machen“.
Wakonnig, die den Aufschlag im Gespräch machte, outete sich als ehemalige Katholikin, die gerade durch ihr Studium der katholischen Theologie zum Atheismus gefunden hatte. „Mir ging es wie in dem Märchen von ´des Kaisers neue Kleider´, ich habe gesehen: der Kaiser ist nackt.“ Oder anders: „Da ist kein Gott“.
Dem – beinahe – gegensätzlichen Weg folgte Tsewang. In einer muslimischen Familie geboren, entwickelte er sich zum Atheisten. Von hier aus näherte er sich dem Hinduismus an, um schließlich bei den Buddhisten seine Heimat zu finden. Der Buddhismus sei „menschlicher Ausdruck von Liebe und Mitgefühl“.
Im Vergleich zu den beiden blieb die religiöse Biographie von Pfarrer Laker geradlinieg. Allerdings, so gab er zu, würde er einigen Fragen des Glaubens kritisch gegenüberstehen. „Die Kirche muss sich dringend von ihrer Form und von ihrem Inhalt erneuern.“
Dennoch sei der Kaiser nicht nackt. Es gebe eine Kraft, die am Anfang und am Ende des Lebens stehe und die alles miteinander verbinde. Mit dem Tod sei deshalb nicht „alles vorbei“, wie Wakonnig meinte.
Nach Lakers Auffassung würde dies – siehe Quantenphysik – auch durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt. Eigentlich sei es „egal“, so Tsewang, ob es „nach dem Tod weitergehe“. Das Wichtigste sei, welche Bedeutung und welchen Sinn man seinem eigenem Leben geben könne. Und darin seien sich alle gleich, „ob Buddhisten, Christen oder Atheisten“.
Ob man dafür nicht den Glauben an einen Gott brauche? Nein, meinte Wakonnig. Die Atheisten bräuchten kein metaphysisches Modell, um moralisch gut zu handeln. Es gebe eine „evolutionäre Ethik“. Unser genetisches Erbe bedinge das moralische Gesetz in uns.
Den Abend moderierte die Philosphie-Lehrerin Tanja Ansari. Er soll in kleinerem Kreis fortgesetzt werden.