Von Nicole Schneidmüller-Gaiser
Gemüseduft zieht durch das Gemeindehaus in der Wellinghofer Straße in Hörde. Stimmengewirr in verschiedenen Sprachen, Tellerklappern, und dazwischen immer wieder ein fröhliches „Schön, dass Sie da sind“. Unter dem Hashtag #wärmewinter lädt die Evangelische Kirchengemeinde seit Anfang Januar einmal pro Woche, immer mittwochs, zu einer wärmenden Mahlzeit in ihren großen Saal – und wer sich nur kurz hinsetzt, merkt schnell, dass es dabei um mehr geht als nur um eine kostenlose Portion Gemüselasagne …
In Hörde ist Martin Pense, der Pfarrer mit der auffälligen Frisur, bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“. Das liegt wohl weniger an seinen aufrechtstehenden Haaren, sondern an der Art, wie er und seine Kollegin Susanne Schröder-Nowak Kirche, Gottes- und Nächstenliebe alltagstauglich und erlebbar machen. Seine Bibel, die trägt Martin Pense nur selten unter dem Arm, aber immer im Herzen, wenn er durch den Stadtbezirk im Süden von Dortmund streift. „Manchmal fühle ich mich fast als Streetworker“, gesteht der Theologe, der selbst in der Dortmunder Nordstadt geboren wurde. Die Gemeinde, zu der noch etwa 5600 Gemeindeglieder zählen, hat ein ausgeprägt diakonisches Profil – und ist darum aus dem Leben vieler Menschen kaum wegzudenken, selbst wenn die das gar nicht immer wissen.
Mit der Einführung der Ganztagsschule hielt 2007 auch das gemeinsame Mittagessen Einzug in den nordrhein-westfälischen Grundschulen. Doch die Über-Mittag-Betreuung stellte so manche Familie in Hörde vor finanzielle Probleme; nicht alle Eltern konnten den Betrag für das gemeinsame Mittagessen leisten. „In der Brücherhofschule kamen die Kinder oft mit einer Tüte Chips zur Schule oder bettelten die Kantinenchefin an – die hatte ein großes Herz, aber zu wenig Essen“, erinnert sich Pfarrer Pense an diese Zeit. Die Gemeinde half aus: „Und in kürzester Zeit haben wir alle Grundschulen in Hörde finanziell unterstützt.“ Die Gemeinde sammelt seither Geld und verteilt es gleichmäßig an die Schulen im Stadtteil – mittlerweile sind es acht Schulen und drei weitere Projekte, die jeweils 1500 Euro pro Jahr erhalten. „Seit 2007 haben wir so mehr als 300.000 Euro bewegt.“
Menschen wie Miriam und Tim Wagemann tragen immer wieder dazu bei, dass diese Hilfe möglich ist. Die Heizungs- und Sanitärprofis haben im vergangenen Jahr auf Weihnachtspräsente für ihre Kunden verzichtet und kommen heute mit einem großzügigen Scheck vorbei: „Wir wollten gerne in Dortmund spenden und mir sind Kinder wichtig“, erzählt der Geschäftsmann. „Dann hab ich Martin im Radio gehört – und uns war sofort klar: Da wollen wir helfen!“ 1500 Euro bringen sie mit – und können sich gleich vor Ort überzeugen, wie sinnvoll die Hörder Gemeinde mit Spendengeldern arbeitet.
Durch die aktuelle Energie- und Finanzkrise wird der Alltag für viele, die hier leben, noch schwieriger – und so kam das Presbyterium der Kirchengemeinde auf die Idee, zusätzlich zu den Mahlzeiten in den Schulen in der kalten Jahreszeit auch noch einen eigenen Mittagstisch anzubieten. Mitstreiterinnen und Mitstreiter waren schnell gefunden: Edith Hecker von der Genuss Manufaktur liefert derzeit 125 Portionen und überwacht mit zwei Mitarbeitenden die Essensausgabe. Jeweils vier Schüler*innen des Hörder Goethe-Gymnasiums unterstützen pro Öffnungstag im Rahmen eines Projektes und begleiten die Gäste zu ihren Tischen, bringen Getränke und räumen das Geschirr auch wieder ab. Auch Freiwillige aus der Gemeinde sind natürlich mit an Bord.
Schnell sprach sich das Angebot in Hörde herum – heute gibt es zwei Tische, an denen Menschen aus der Ukraine zusammensitzen, an einem anderen Tisch unterhalten sich eine Rentnerin und eine junge Mutter aus Syrien miteinander. Einigen Gästen sieht man an, dass sie nicht regelmäßig warmes Essen bekommen – und wie sehr sie sich über den leckeren Schokoladenkuchen als Dessert freuen. Susanne Schröder-Nowak und Martin Pense gehen von Tisch zu Tisch, hören zu und vermitteln auch mal einen Gast an die Sozialberatung, die gemeinsam mit Stefanie Baier vom Diakonischen Werk immer donnerstags in den Gemeinderäumen angeboten wird.
Auch, wenn die Aktion #wärmewinter erst einmal nur für die „kalten“ Monate geplant ist: An ein Ende des Mittagstisch-Angebotes denken sie in Hörde nicht. Falls es im Sommer keinen Bedarf für warme Mahlzeiten gibt, machen sie eben etwas anderes, da ist Pfarrer Pense pragmatisch: „Das ist doch unser Auftrag: Immer gucken, was die Menschen brauchen.“
Alle Infos auf einen Blick
- #wärmewinter" – kostenloses Mittagessen.
- Gemeindehaus der Ev. Kirchengemeinde Hörde, Wellinghofer Straße 21.
- Das Mittagsangebot läuft bis Ende März jeden Mittwoch in der Zeit von 12 bis 13.30 Uhr.
- Weitere Infos bei Pfarrer Martin Pense, Tel.: 0231 462960 und auf
- www.hoerde-evangelisch.de