02.09.2016 // Eugen Drewermann in Paulus

Kapitalismus kann ohne Krieg nicht sein

„Liebe Schwestern und Brüder.“ So redete Eugen Drewermann sein Publikum an. Denn, so Drewermann weiter, „das möchten wir sein.“

Eugen Drewermann beim Antikriegstag in der Pauluskirche

„Liebe Schwestern und Brüder.“ So redete Eugen Drewermann sein Publikum an. Denn, so Drewermann weiter, „das möchten wir sein.“ Die Lydia-Kirchengemeinde, genauer „Pauluskirche und Kultur“, hatte den 76-jährigen Kirchenkritiker, suspendierten Priester, Psychoanalytiker und Autor zum Antikriegstag am 1. September eingeladen.

Er gehöre, so Pfarrer Friedrich Laker bei der Begrüßung, „zu den profiliertesten Sprechern der Friedensbewegung“. Und Drewermann zog das Publikum in einem anderthalbstündigen frei gehaltenen Vortrag in seinen Bann.

Er sprach über ein „Thema, das wichtiger nicht sein kann“, nämlich über die Gründe des Krieges. Und auf den möglichen Einwand, es gebe keinen Gott, denn sonst würde er Kriege nicht zulassen, stellte er sofort eingangs klar: „Gott lässt keine Kriege zu. Er redet in unseren eigenen Herzen mit einer Deutlichkeit, dass wir viel an Propaganda und Umerziehung brauchen, um das alles zu überhören.“

Es brauche Feindbilder und die Kasernenhöfe, um aus normalen Menschen „Mörder zu machen“. Drewermann zitierte dabei Erich Maria Remarque, der rückblickend auf den ersten Weltkrieg meinte: „Sechs Wochen haben wir gebraucht, um vor einem ehemaligen Postbeamten im Schlamm zu kriechen, nur weil er eine Kokarde trug“.

Eindringlich warnte Drewermann vor der Propaganda, die uns scheinbare Kriegsgründe nennt. „Wir sollten aufhören, davon zu faseln, dass wir in globaler Verantwortung Kriege führen, um Menschenrechte zu retten.“ Darum gehe es nicht.

Die wirklichen Kriegsgründe seien wirtschaftliche Interessen: ein Pipelinebau in Afghanistan, das Erdöl im Nahen Osten, wichtige Rohstoffe im Kongo. „Kapitalismus kann ohne Krieg nicht sein“, so Drewermann. Denn dieses System lebe nur, um aus Geld noch mehr Geld zu machen. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ zitierte er Matthäus 6,24.

Nach präzise 90 Minuten schloss Drewermann seinen Vortrag, direkt an seine Zuhörerinnen und Zuhörer gewandt: „Wenn es möglich war, Ihnen am heutigen Abend die Sehnsucht nach dem Frieden nahezubringen, dann wäre es ein guter Abend gewesen.“ Der langanhaltende Publikumsapplaus zeigte, dass es tatsächlich ein guter Abend war.

Foto: Stephan Schütze
Eugen Drewermann sprach am Antikriegstag in der Pauluskirche an der Schützenstraße.