24.11.2014 // Jahresthema

Kein Arrangement mit der Armut

„Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass Armut für viele Mitbürger in Dortmund Lebensalltag ist.“

Schwerpunktveranstaltung zum Jahresthema der Evangelischen Kirche

„Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass Armut für viele Mitbürger in Dortmund Lebensalltag ist.“ So lautet der Beginn einer Erklärung von rund hundert Teilnehmenden an der Veranstaltung „Armut in Dortmund – Was können Bürger, Stadt und Kirche tun“. Eingeladen hatten der Evangelischen Kirchenkreis, die Diakonie und Kirchengemeinden.

Der Veranstaltungsort hatte beinahe Symbolcharakter. Es war die Pauluskirche im Dortmunder Norden, einem der 13 Dortmunder Sozialräume, in denen die Arbeitslosigkeit, die Armut und die Zahl der Bezieher von Hartz IV hoch ist, so Sozialdezernentin Birgit Zoerner in ihrem einleitenden Statement.

Zentrale Aufgabe sei es, „diese Menschen in existenzsichernde Arbeit zu bringen“.  Dazu brauche es einen dauerhaft geförderten öffentlichen Beschäftigungssektor.

Wie notwendig der ist, verdeutlichte die Dortmunder DGB-Vorsitzende Jutta Reiter. Denn in Dortmund gäbe es 166.000 Arbeitnehmer, die ein Einkommen bezögen, von dem man nicht leben könne. Eine Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt sei deshalb notwendig. Keine Leiharbeit, keine Befristung und ein Mindestlohn sind ihre Forderungen. Allerdings, so Pfarrer Friedrich Stiller, lägen "die entscheidenden Stellschrauben nicht in Dortmund".

Prof. Ernst Ulrich Huster verwies auf den Zusammenhang zwischen Armut und Reichtum. Denn statistisch gesehen hätte jeder Bundesbürger ein Geldvermögen von 200.000 Euro.  Das Problem: von dieser Summe (insgesamt 5,2 Billionen Euro) hätte die Hälfte der Bevölkerung gerade mal einen Anteil von einem Prozent. „Die Armut wird in dieser Gesellschaft sozial herbeigeführt“, so seine Schlussfolgerung.

Schließlich habe der Anteil der Gewinnsteuern am Gesamtsteueraufkommen 1960 noch  bei 36 Prozent gelegen, heute seien es nur noch 15 Prozent. Umgekehrt stieg der Anteil der Lohnsteuern von 16 auf 36 Prozent.  Bernd Büscher von der Suppenküche Kana benannte als Verursacher deutlich unser Wirtschaftssystem: „Unsere Armut hier hat mit dem übermäßigen Reichtum an anderer Stelle zu tun“.

Auch mit kleinen Schritten kann man etwas verändern. Das zeigte Prof. Heinrich Grosse, der die Kirchengemeinden beim Engagement gegen die Armut in der Pflicht sieht. Ihre Stärke sei  die Kombination aus ehrenamtlichem und professionellem Handeln, aus sozialpolitischem Engagement und karitativer Tätigkeit. Das Motiv dafür sei deutlich, so hatte es Superintendent Ulf Schlüter bereits zur Begrüßung formuliert. "Es gibt bei Gott kein Arrangement mit der Armut."

Foto: Stephan Schütze
Mit einer Aktion vor der Pauluskirche sind die Teilnehmenden der Veranstaltung gemeinsam gegen Ausgrenzung und Armut auf die Straße gegangen.