Kirche findet nicht nur sonntags statt. Zu Corona-Zeiten ohnehin nicht, wie gewohnt im Präsenz-Gottesdienst in der Kirche vor Ort. Aber auch sonst: Evangelische Kirche – und alle, die sich hier zu Hause fühlen und engagieren – können mehr, als man ihr und ihnen gemeinhin oft zutraut. Immer wieder gibt es tolle Ideen, auch abseits der gewohnten Gemeindearbeit mit Gottesdiensten, Konzerten, Konfirmandenstunden, Bibelkreisen, Taufen und Beerdigungen, Trauungen, Jugendfreizeiten, Seniorennachmittagen, Seelsorgegesprächen – und was man sonst mit der Arbeit rund um Kirche und Pfarrbüro verbindet. Und allein das ist, bei genauem Hinsehen, schon eine bunte Fülle von Leistungen und Angeboten.
Doch auch über all das hinaus gibt es immer wieder neue Anregungen und Projektideen. Viel Kreativität bleibt allerdings in den Anforderungen des Alltags auf der Strecke. „Eigentlich sollten wir das mal ausprobieren …“, und dem „eigentlich“ folgt meist ein „aber“. Auch in der Arbeit von Kirchengemeinden und kirchlichen Institutionen gibt es solche kreativen Momente. Oft aber bleibt es beim Moment; - zu aufwändig, zu schwierig, zu ver-rückt, um in alte Strukturen zu passen.
Der Evangelische Kirchenkreis Dortmund will innovativen Ideen in seinen Reihen Raum geben. Seit fast eineinhalb Jahren gibt es hier die Projektplattform ‚KIEK‘. KIEK, das steht für ‚Kirche – Innovativ – Evangelisch – Kreativ‘. „Heute Kirche gestalten mit Ideen von morgen“ – so ist die Startseite des Internet-Blogs überschrieben, der über KIEK informiert und auf dem Interessierte Informationen zu einzelnen Projekten finden.
Entwicklung trotz Corona
Den Startschuss gab es für KIEK auf einem Pfarrkonvent im Dezember 2019. Schon Ende Januar 2020 folgte ein Forum für erste Ideengeber*innen und Interessierte, dann kam Corona. Doch wer gedacht hatte, alle frisch entstandenen Projektideen wären damit schnell am Ende, sah sich getäuscht. Trotz aller Einschränkungen und Entschleunigung wuchsen die ersten KIEK-Projekte weiter – und neue kamen hinzu. Mittlerweile sind mehrere Ideen zu konkreten, gut durchdachten Vorhaben herangereift, einige konnten sogar schon realisiert werden. Der Kirchenkreis hat den Ideengeber*innen dafür eine Steuerungsgruppe an die Seite gestellt, die die Projektentwicklung unterstützt, und stellt Sondermittel als Anschubfinanzierung zur Verfügung.
Die erste Idee, die schon in die Tat umgesetzt wurde, ist das Projekt ‚Kirche kommt‘. Mit einem Lastenfahrrad bringen Pfarrer*innen Andachten und kleine Gottesdienste aus den Kirchen an ungewöhnliche Orte – in private Vorgärten, auf Garagenhöfe oder auf Marktplätze und in Stadtteilzentren. Die ‚Radkutsche‘ war schon im Einsatz, mit dabei Kreuz, Bibel und Altar.
Und auch das Projekt ‚Gottesdienst unaufgeregt‘ ist realisiert und läuft mit großem Zuspruch.
Entstanden ist dieses Projekt erst nach Beginn der Corona-Pandemie. Es nahm die Idee der ökumenischen Online-Gottesdienste auf, mit dem die Ruhr Nachrichten, die Evangelische Pfarrerin Kerstin Schiffner und der katholische Pfarrer Michael Ortwald zusammen mit dem Videoproduktionsteam von ‚Sport-Live‘ während des ersten Lockdowns spontan Kirche in Dortmunder Wohnzimmer gebracht hatten. Mittlerweile hat sich eine Gruppe von evangelischen Pfarrerinnen und katholischen Pfarrern zusammengefunden, die zu besonderen Jahreszeiten an unterschiedlichen Orten ökumenische Gottesdienste gestalten und in die Häuser und Wohnungen senden lassen.
Weit gediehen sind auch einige andere Projekte, etwa der Pilgerweg, der künftig von den Innenstadtkirchen über unterschiedliche, ökumenische Stationen bis zur Kirche St. Peter zu Syburg führen soll. In Lünen steht die Idee eines Geistlichen Zentrums vor der Realisierung. Hier sollen künftig Wege der Spiritualität erprobt und gelebt werden können. Dafür soll eine ‚Kirche der Stille‘ entstehen, in der man zur Ruhe kommen, beten, meditieren und auch in Kursen und Workshops intensive Wege des Glaubens erfahren kann.
Die ‚Hanna & Simeon Gesellschaft‘, die kurz vor der Gründung steht, will sich besonders der Seelsorge in Altenheimen widmen und hierfür neue Modelle und Angebote entwickeln. Es gibt Anstöße für ein ‚Haus der Religionen‘ in Dortmund, das dem Interreligiösen Dialog, der in Dortmund seit langem gepflegt wird, einen sichtbaren Ort geben will. In der Nordstadt möchte eine Gruppe junger Christinnen und Christen ein transkulturelles kirchliches Start Up gründen. Ein ‚Escape-Room‘, so eine Idee, soll Kinder und Jugendlichen einen Erlebnis-Raum bieten, der Glauben zum Thema macht. Ein Projekt unter dem Arbeitstitel ‚Gesegnete Mahlzeit‘ rankt sich um die Idee eines evangelischen Restaurants in der Innenstadt. Und auch Themen traditioneller kirchlicher Arbeit möchten einzelne Gruppen in neue, zeitgemäße Formen gießen, so etwa Angebote rund um das Thema Hochzeit und auch die Begleitung bei Todesfällen und Bestattungen.
Offen für neue Vorhaben
Nach wie vor sammelt KIEK weitere Anstöße für zukunftsorientierte Vorhaben. Wer in einer Gemeinde oder Einrichtung im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund arbeitet und zusammen mit anderen eine innovative Idee umsetzen möchte, kann sie im Rahmen von KIEK anbieten und zur Diskussion stellen.
Als permanentes Diskussionsforum dient ein Blog (kiek.ev-kirche-dortmund.de). Hier kann man sich die einzelnen Projektideen, die bisher entstanden sind, anschauen und auch seine Meinung dazu kundtun. Rückmeldungen, Unterstützung und Einwände sind online möglich und erwünscht. Und auch wer in einer der schon entstandenen Projektgruppen mitwirken möchte, kann sich über die Webseite melden.
Voraussetzung für ein KIEK-Vorhaben: es muss neue Impulse setzen. Mithilfe eines Projektes über die neue Plattform nur auf die Ausweitung oder Absicherung eines schon bestehenden Angebots zu zielen, ist nicht gewünscht. Dafür darf eine neue Idee aber gerne unkonventionell und kreativ sein. Ob sie letztlich realisiert werden kann, werden die weiteren Überlegungen zeigen. Die Steuerungsgruppe, die der Kreissynodalvorstand (KSV) des Kirchenkreises eingesetzt hat, koordiniert die Vorhaben und begleitet sie. Bei Bedarf bietet sie professionelle Unterstützung bei der Realisierung.
Ein Wort aus Psalm 31 ist auf der KIEK-Seite im Internet zu lesen: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Nur in dieser Weite lässt sich Kirche von heute gestalten.