02.02.2016 // Poetry Slam

Klatschen und Schreien

In der Kirche zu schreien und brüllen, zu klatschen, mit den Füßen zu trampeln oder zu pfeifen, das hat schon was. Und nein, in diesem Fall verstößt es nicht gegen die Benimmregeln.

Poetry Slam in St. Reinoldi ging in die dritte Runde

In einer Kirche zu schreien und brüllen, zu klatschen, mit den Füßen trampeln oder zu pfeifen, das hat schon was. Und nein, in diesem Fall verstößt es nicht gegen die Benimmregeln. Ganz im Gegenteil, es ist die Benimmregel beim Poetry Slam. Und dazu hatte Anfang Februar die Stadtkirche St. Reinoldi gemeinsam mit dem Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V eingeladen.

Mit Händen, Füßen und Stimme, je lauter desto besser, stimmten beim Poetry Slam die Besucherinnen und Besucher über den Sieger ab. Und gleich vorab sei verraten: Gewinnerin um die Gunst des Publikums war Frederike Jakob. Die bayerische Vizemeisterin im Poetry Slam begeisterte mit einem engagierten antimilitaristischen Text.

In Anlehnung an Kurt Tucholskys „Der Graben“ erzählte sie von Theo, Jim und Hans, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg „im Graben“ liegen, Richtung Paris oder Stalingrad schauend, die meinten, die Freiheit in Vietnam erkämpfen zu müssen oder die als Schlächter der IS Kindern die Köpfe abschlagen. „Feind und Kamerad verbindet blutgetränkter Sand, du sehnst dich nach dem Tod, um niemanden mehr sterben zu sehen.“

„Fairdächtig“ war das Thema des Abends und damit die Vorgabe für alle Slams. Bewusst gewählt, denn die Veranstalter wollten damit an das aktuelle Jahresthema der evangelischen Kirche anknüpfen.

Wie fair geht es zu in dieser „Einen Welt“? Ist (mehr) Gerechtigkeit möglich? Was tut Not? Wer ist gefragt? Wie fair lebe ich? Das waren die Fragestellungen, die mal mehr (siehe die Gewinnerin Jakob) mal weniger ernst beantwortet wurden.

Weniger ernst: so fand der Zweitplatzierte, Rainer Holl aus Dortmund, es „unfair“, dass an dem Abend in St. Reinoldi zwar Wein, aber kein Bier ausgeschenkt wurde. „Give beer a chance“ nannte er seinen Text. Denn „das Bierchen ist die soziale Plattform für große Teile unserer Gesellschaft.“ Und außerdem stellte er klar: „Niemand wird von Kölsch betrunken.“ Spätestens hier hatte er die Lacher auf seiner Seite.

Sieben Slammer stellten sich dem Publikum. Bo Wimmer war darunter, der Kirchenslam-Veteran aus Marburg, Felix Römer aus Berlin, seit 17 Jahren in der Slam-Szene unterwegs, Franziska Holzheimer aus Hamburg, Finalistin bei den deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam, Rene Sydow aus Witten und Theresa Hahl aus Bochum.

Moderiert hat die Veranstaltung Sebastian 23, das Aushängeschild der Poetry Slam-Szene im Ruhrgebiet.

Foto: Stephan Schütze
Die sieben Slammer zusammen mit Moderator und Veranstalter. Vorne in der Mitte die Gewinnerin des Abends, Frederike Jakob.