19.05.2016 // Ministerpräsidentin Kraft

Koffer schleppen und Rollstuhlfahrer begleiten

35 Ehrenamtliche engagieren sich bei der Dortmunder Bahnhofsmission. Am 18. Mai noch eine Ehrenamtliche mehr: Hannelore Kraft.

Ministerpräsidentin Kraft arbeitete in der Dortmunder Bahnhofsmission

35 Ehrenamtliche engagieren sich bei der Dortmunder Bahnhofsmission. Ihre Leiterin, Swetlana Berg, konnte am 18. Mai die Ehrenamtliche Nr. 36 begrüßen: Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes NRW, hat für einen Tag bei der Bahnhofsmission gearbeitet.

Nein, es war weder ein Vorzeige- noch ein PR-Termin. Die Ministerpräsidentin hat Koffer geschleppt, Rollstuhlfahrer begleitet und älteren Damen aus dem Zug geholfen. „Heute waren über hundert Gäste da“, erzählt sie abends, nach getaner Arbeit. Und die Bezeichnung „Gäste“ verrät, wie sehr sie sich mit ihrem Ein-Tages-Job identifiziert hatte.

Die Dortmunder Bahnhofsmission, übrigens in ökumenischer Trägerschaft, ist Anfang des letzten Jahrhunderts gegründet worden. „Auf dem Bahnhof“, so Regina Adams vom Diakonischen Werk, „sehen und riechen wir die Not von Menschen.“ Deshalb kümmert sich in der Mission täglich von 8 bis 20 Uhr ein buntes Team von Engagierten um diese Nöte und Problem, bietet Anteilnahme, Gespräche und Hilfe.

„Die Bahnhofsmission ist gelebte Kirche am Bahnhof“, so Remonda Balje, die sich ehrenamtlich engagiert. „Man weiß zu Schichtbeginn nie, was auf einen zukommt, wer hier reinkommt und mit welchem Problem“, schildert Swetlana Berg den Arbeitsalltag der Mission.

Genau das hat auch Ministerpräsidenten Kraft erfahren, die zu Arbeitsbeginn sehr gespannt war auf die kommenden Stunden. Anschließend bekannte sie: „Ich gehe jetzt mit einem anderen Blick, nämlich sehenden Auges durch den Bahnhof.“ Sie habe einen „Mikrokosmos“ kennengelernt, in dem sich die komplette Gesellschaft spiegelt. „Das ist schon unglaublich.“

Den ersten Gast, den Kraft getroffen hat, war ein Mann, „der gefühlt drei Wochen lang nicht mehr geduscht hatte“, so Berg. Doch Kraft habe sich sofort neben ihn gesetzt und sich sehr intensiv mit ihm unterhalten. „Sie hat sich für jeden interessiert und für jede Geschichte.“

Es sei ihr deutlich geworden, so berichtete die Ministerpräsidentin, wie sehr die Bahnhofsmission eine „emotionale Anlaufstelle“ ist. „Das ist ganz wichtig.“ Besonders berührt zeigte sie sich von den jungen Wohnungslosen, die hierher kommen. „Das nimmt einen schon mit, wenn man diese 16- oder 17-jährigen sieht.“ Und zwar so sehr, dass sie sich überlegt, ein Pilotprojekt für Dortmund anzustoßen. Jugendliche, die erfolgreich aus der Wohnungslosigkeit geholt wurden, so ihre Idee, sollen sich um junge Obdachlose kümmern.

Ein dickes Lob gab es für die Ehren- und Hauptamtlichen der Bahnhofsmission. „Es ist ein tolles Team und bewegend zu sehen, mit wie viel  Herzblut dort gearbeitet wird.“ Ein Kompliment, das Swetlana Berg gerne zurückgab. „Es war ein rundum gelungener Tag und Frau Kraft ist eine prima Ehrenamtliche“. Doch das Angebot von Berg, sich bei der Dortmunder Mission weiter zu engagieren, lehnte Kraft ab. „Dazu ist mein Terminkalender zu voll.“

Foto: Stephan Schütze
Nach getaner Arbeit: Ministerpräsidentin Kraft berichtet über ihre Erfahrungen bei der Bahnhofsmission.