Erst die Dunkelheit macht Licht sichtbar, so paradox das auch klingt. Aus gutem Grund schmücken wir in der winterlich dunklen Advents- und Weihnachtszeit unsere Häuser, die Geschäfte und Innenstädte mit Lichtergirlanden, weil sie uns die langen Abende heller, wärmer, erträglicher vorkommen lassen, auch wenn es in diesem Jahr Energie-bedingt deutlich weniger sein werden. Im Sommer würden die vielen Lichter gar nicht auffallen. Kaum jemand würde sich daran erfreuen, weil diese Lichter fast unbemerkt blieben.
Lichter strahlen. In die Welt. Ins Herz. Sie zeigen uns: Schönheit, Klarheit, Orientierung. Jemand oder etwas steht „im Licht“, wird gesehen, zieht Aufmerksamkeit auf sich. Wie im Rampenlicht. Zu einer Lichtquelle fühlen wir uns hingezogen, gehen neugierig in die Nähe, um zu erfahren, was dort vor sich geht. Licht kann etwas ans „Tageslicht“ befördern, was zuvor verborgen war, unentdeckt. Ein Schatz, eine Überraschung, eine Idee, eine Wendung in einem Gedanken, der mich schon länger beschäftigt.
Das gleiche Foto vom Herrnhuter Stern, bei Tag oder bei Nacht aufgenommen, löst beim Betrachten unterschiedliches aus.
Auch in mir sieht es nicht immer gleich aus. Gerade in diesem Jahr beschäftigen uns die Gedanken an Krieg mehr denn je zuvor. An Heiligabend, dem Tag, an dem wir die Geburt Christi als Licht der Welt feiern, werden in diesem Jahr – wenn nicht ein Wunder geschieht – zehn Monate Krieg in der Ukraine herrschen. Ein Krieg, der ganz andere Lichter mit sich gebracht hat: Mündungsfeuer, Raketenblitze, brennende Gebäude und Schienen, aber auch strahlende Blicke, wenn Menschen ihre Angehörigen wieder in die Arme schließen konnten. So nah sind warmes Licht und kalte Umwelt uns seit der Geburt Jesu im Stall selten gekommen. So gesehnt nach Erleuchtung haben wir uns lange nicht: Wie kann Frieden werden? Wie lassen sich Licht und Energie gleichmäßig in der Weltbevölkerung verteilen?
Wissen Sie noch, welche Aktion wir sehr schnell nach dem 24. Februar 2022 von der evangelischen Kirche gestartet haben? Viele von uns haben in der Dämmerung eine Kerze ins Fenster gestellt. Ein Licht als Zeichen der Hoffnung. Ein Licht als Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, die sehr dankbar dafür waren. Aber auch als Zeichen der Verbundenheit mit den Menschen in Russland, die keinen Krieg wollen. So klein ein Licht sein mag, so viel kann es bewirken.
Lassen wir uns ermutigen von den Lichtern dieser Tage, und strahlen selbst Licht und Wärme aus für andere!
Eine segens-reiche Adventszeit!
Ihre Heike Proske, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund