16.09.2019

Logistische Meisterleistung – mangelnde Wertschätzung

Pfarrkonvent erlebt bei Amazon Licht und Schatten

„Work hard, have fun, make history.“ Dieser Slogan, im Eingangsbereich von Amazon Logistik in Dortmund angebracht, begrüßt täglich die Mitarbeitenden des US-Konzerns. Und er gibt den Pfarrerinnen und Pfarrern, die das Logistikzentrum auf dem Gelände der früheren Westfalenhütte besucht haben, den Hinweis: hier bemüht man sich um amerikanische Unternehmenskultur.

Seit zwei Jahren gibt es Amazon in Dortmund. Und das Zentrum ist „das Modernste vom Modernen, was es im Amazon Netzwerk gibt“, erzählt Klaudius Dziemba stolz. Der Automatisierungsingenieur und Projektleiter führt die Theologen durch das Logistikzentrum. Als eines von dreien in ganz Europa hat es die Aufgabe, die von den Firmen gelieferten Waren anzunehmen, zu sortieren und an die Amazon-Verteilzentren zu lenken. Alleine in Deutschland gibt es 27 davon. Von hier aus werden die Bestellungen an die Kunden ausgeliefert. Was sich simpel anhört, ist eine komplexe logistische Mammutaufgabe. Auf dem Dortmunder Gelände, 50.000 Quadratmeter in fünf Hallen, wird sie u.a. mit Hilfe von Industrierobotern und Computeralgorithmen, Scannern und Wagen, Förderbändern (im Amazon-Sprech „Happy path“) und viel menschlicher Arbeitskraft gelöst. Der Inhalt von 8.000 Paketen wird hier stündlich verarbeitet.

Apropos Arbeit: Angelika Mach, Betriebsrätin von Amazon in Werne, nimmt gegenüber den Theologen kein Blatt vor den Mund. „Amazon ist ein Arbeitgeber, der alles andere als leicht ist.“ Das Treffen mit den Pfarrerinnen und Pfarrern findet nicht bei Amazon selbst, sondern im Luther-Gemeindehaus statt. „Amazon will Arbeiter haben, die möglichst billig sind“, so Mach. Das seien Langzeitarbeitslose, Gescheiterte, Menschen mit Migrationshintergrund. Alle, die froh sind, eine Arbeit, egal welche, zu finden. 90 Prozent der bei Amazon Beschäftigten seien ungelernt. Nur rund zwei Drittel seien unbefristet angestellt. „Wir haben eine wahnsinnige Fluktuation.“ Besonders hoch sei sie bei den höheren Angestellten. „Entweder die fügen sich ein, oder sie gehen.“ Doch Mach sieht nicht nur Schatten, sondern auch Licht. „Ganz toll“ findet sie, dass Schwerbehinderte, auch Blinde eingestellt werden. Und dass man bei sexueller Belästigung oder rassistischen Äußerungen innerhalb eines Tages die Kündigung auf dem Tisch hat. Das größte Problem bei Amazon sieht sie in der mangelnden Wertschätzung. „Ich habe jeden Tag in meinem Büro Menschen, die weinen, die fertig sind.“

„Amazon macht einfach Spaß“ heißt ein Slogan im Eingangsbereich. Der ist sogar auf Deutsch.

 

 

 

Foto: Kirchenkreis
Betriebsrätin Angelika Mach im Gespräch mit den Theologen. Foto: Kirchenkreis