Sumaya Farhat-Naser stellte ihr neues Buch in der Petrikirche vor
Hinter dem Tisch im Altarraum der Stadtkirche St. Petri sitzt eine kleine zierliche Frau. Mit ruhiger und doch kraftvoller Stimme beginnt sie zu sprechen. Dr. Sumaya Farhat-Naser, Palästinenserin, engagierte Kämpferin für den Frieden in Israel/Palästina ist so alt wie der Staat Israel.
Geboren 1948 in Bir Zait, erlebte und erlebt sie das Schicksal des palästinensischen Volkes hautnah mit. In drei Büchern nahm sie Leserinnen und Leser mit in ihr Land und ihr Leben. Darin schilderte sie auch ihr hartnäckiges Engagement für ein friedliches Miteinander der Menschen in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen, ihre Friedensarbeit.
In St. Petri stellte die gebürtige Palästinenserin auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Mitte März ihr neuestes Buch vor. „Im Schatten des Feigenbaums“ lautet der Titel. Darin beschreibt sich tagebuchartig die Geschehnisse der Jahre 2008 bis 2013.
Wer ihr zuhört, merkt, wie nahe ihr die Szenen gehen, die sie aus diesem Buch vorliest. Sie liest von der Sorge, die ihr und ihren Nachbarn ein Begräbniszug bereitete. „Wer ist dieses Mal getötet worden“, fragen sich die Menschen. Sie erfahren, es ist ein Mann, dessen Leiche 34 Jahre von den Israelis zurückgehalten wurde. „Israel behält die Leichen von Häftlingen, die in Gefangenschaft starben, aber deren Haftzeit noch nicht vorüber war.“ Im Publikum sind Betroffenheit und Ungläubigkeit zu spüren.
In einer weiteren Episode beschreibt sie, wie sie, trotz eines gültigen Passierscheins nicht nach Jerusalem einreisen durfte, um eine Reisegruppe zu treffen. Die ersten beiden Drehkreuze am Checkpoint habe sie problemlos passieren können. Am dritten „meldete“ sich der Metalldetektor.
„Ich habe ein künstliches Kniegelenk“, erklärte Farhat-Naser. Die Vorgesetzte der Grenzsoldaten beeindruckte das nicht. Für das Knie brauche sie eine spezielle Erlaubnis. Sie könne allerdings ohne ihr Knie nach Jerusalem gehen. „Ohne mein Knie darf ich passieren?“, fragte Farhat-Naser ungläubig. Das lapidare „Ja“ der Soldatin ist bezeichnend für die Absurditäten des Lebens, mit denen die Menschen im Westjordanland täglich konfrontiert werden. „Im militärischen Denken, gibt es keinen Raum für Menschlichkeit“, zog Sumaya Farhat-Naser ein ernüchterndes Fazit.
Warum sie den Kampf um den Frieden zwischen Palästinensern und Israelis trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge nicht aufgibt? „Ich wünsche mir Frieden und Sicherheit für meine Enkelkinder. Es bedrückt mich, dass ich das nicht mehr erleben werde, aber ich hoffe, dass meine Enkelkinder den Frieden feiern werden.“
Farhat-Naser wurde ausgezeichnet unter anderem mit dem Evangelischen Buchpreis, dem Augsburger Friedenspreis und der Ehrendoktorwürde der Universität Münster für „ihr öffentliches Eintreten für die politische Aussöhnung von Palästinensern und Juden in Gerechtigkeit und Freiheit".
- Im Schatten des Feigenbaums
Sumaya Farhat-Naser
Lenos, Basel 2013