04.05.2017 // Namibia

„Menschen können sich nur selbst entwickeln“

"Das Bedingungslose Grundeinkommen ist das Beste was wir machen können", sagt der namibianische Pastor Wilfried Diergaardt.

Dortmunder Ökumene-Referent zu Gast in Namibia

„Das ist das Beste was wir machen können. Es ist gut für die Wirtschaft und gut für die Menschen. Wir dürfen nicht aufhören, alles dafür zu tun“ sagt Pastor Wilfried Diergaardt. Der stellvertretende General Sekretär der Evangelischen Lutherischen Kirche in Namibia erläuterte seinen deutschen Gästen das Prinzip eines bedingungslosen Grundeinkommens, das in einer Region des südwestafrikanischen Landes erprobt wird.

Dirk Loose, Leiter des Referats Ökumene, Weltmission und Entwicklungsdienst im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund, und Pfarrerin Ute Hedrich vom Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) der Evangelischen Kirche von Westfalen informieren sich derzeit vor Ort über Projekte im Rahmen der Partnerschaft Dortmunder und namibianischer Kirchen.

Die Kriminalität sei in der beteiligten Gegend nachweislich zurückgegangen, der Anteil der unterernährten Kinder stark gesunken, die Beschäftigungsquote gestiegen, so Wilfried Diergaardt. „Und das Wichtigste, die Menschen haben ihr Leben wieder selber in die Hand genommen, sie haben selbst entschieden, was gut für sie ist.“

Ein Dorfkomitee kontrollierte zunächst, dass das Geld nicht in Alkohol sondern für Investitionen und den Kauf von Lebensmitteln benutzt wurde. Eigentlich ist der Basic Income Grant BIG – das bedingungslose Grundeinkommen - eine einzige Erfolgsgeschichte und doch hat man sich bis heute nicht dazu durchringen können, es gesetzlich zu verankern.

Es startete 2008 im Dorf Otijivero-Omitara in der Nähe von Windhoek. Die Bewohnerinnen und Bewohner bekamen damals monatlich umgerechnet etwa 8 Euro monatlich als bedingungsloses Grundeinkommen. „Nur wer nicht hungert, wird wirtschaftlich aktiv und kann sich selbst aus der Armut befreien“, betont Bischof Dr. Zephania Kameetha, der sich von Anfang an für die Idee des Bedingungsloses Grundeinkommen (BIG) stark gemacht hat. „Indem BIG den Menschen ihre Würde zurückgibt, lässt es sie freie, aktive und stolze Mitglieder dieser Gesellschaft werden.“

Namibia ist kein reiches Land. 75 % der Bevölkerung gelten als arm. Viele Familien leben nur von der kleinen Rente der Großeltern, die zur Zeit 1200 namibianische Dollar beträgt. Das sind heutzutage ca. 70 €. Davon können kaum Lebensmittel finanziert werden, geschweige denn Wasser, Miete, Schulgeld oder Medikamente.

„Die sogenannten Foodbanks, die die Regierung unter Präsident Hage Geingob zur Zeit fördert, erzielen einen gegenteiligen Effekt. Hier stehen die Menschen lange an und bekommen mit Berechtigungsscheinen die organisierten Lebensmittel als Almosen der Gesellschaft“, so Pastor Diergaard weiter.  

Wege aus der Armut können aber nur mit sozialer und ökonomischer Sicherheit gefunden werden. Ein Basiseinkommen für alle, die es nötig haben ohne wenn und aber. Ein armer Mensch, der seine Armut begründen muss, wird nicht ermutigt, selbst zu handeln.

Wer aber ein eigenes Grundeinkommen hat, braucht keine unwürdige Arbeit mehr anzunehmen. Er kann selbst handeln und investieren. Er kann sich am Wirtschaftskreislauf beteiligen und Produkte kaufen.

Das führt zu mehr Nachfrage und bringt sogar einen Effekt für die Wirtschaft des Landes. Beispiele auch aus anderen Ländern belegen, dass so ein Grundeinkommen in erster Linie für Lebensmittel genutzt werden und, vor allem von Frauen, für die Ausbildung der Kinder.

Die Evangelical Lutheran Church in the Republic of Namibia (ELCRN) hatte das Projekt auch mit Unterstützung der rheinischen und westfälischen Kirche in dem kleinen Dorf getestet. „Nun ist es endlich an der Zeit, die Idee für ganz Nambia umzusetzen“, sagt Pastor Wilfried Diergaard und betont, dass es dazu auch seriöse Berechnungen gibt. Sie zeigen: Es ist finanziell möglich.

Der Erfolg des bedingungslosen Grundeinkommens in Namibia stelle die gesamte westliche Entwicklungspolitik in Frage. Das erklärte Bischof Dr. Zephania Kameeta bereits 2010 bei einer Podiumsdiskussion zum „Basic Income Grant“ im „Zentrum für Mission und Diakonie“ der Vereinten Evangelischen Mission in Bielefeld-Bethel.

„Das Projekt hat gezeigt, dass man Menschen nicht entwickeln kann, wie das westliche Entwicklungspolitik oft versucht. Menschen können sich aber nur selbst entwickeln.“

„Die Zeit ist reif und es ist realisierbar“, sagt Pastor Wilfried Diergaard. Die Ergebnisse des Projekts könnten auch für Deutschland von großer Bedeutung sein.

Foto: privat
Die Zeit sei reif fürs Bedingungslose Grundeinkommen und es sei realisierbar, berichtet Pastor Wilfried Diergaard (Mitte) den Gästen aus Dortmund.