Schaurestaurierung des Triumphkreuzes in der Stadtkirche St. Georg
Susanne Erhards ist Restauratorin. Und das mit Leib und Seele. Wenn sie die Unterschiede der verschiedenen Farbschichten auf dem Triumphkreuz erklärt, gerät sie ins Schwärmen. Die aufgetropften Blutmale auf dem Jesuskorpus sind für sie „Highlights“.
Für den Laien jedoch sieht der überlebensgroße Korpus, der in der Lüner Stadtkirche St. Georg am Holzkreuz hängt, eher farblos aus. Erst bei genauem Hinschauen und dank der Hinweise von Erhards lässt sich einiges, schließlich mehr und mehr erkennen.
Seit Ende Februar hängt das Triumphkreuz nicht mehr über dem Altarraum der Stadtkirche, sondern es liegt auf deren Boden. Noch einige Wochen wird es dauern, bis es zunächst von Staub und Schimmel befreit und dann für die Zukunft konserviert ist.
„Bei den Ostergottesdiensten hängt es wieder“, sagt Pfarrer Rüdiger Holthoff zuversichtlich. Mehrere hundert Jahre ist das Kreuz alt. Um 1470 ist es gefertigt worden. Seine Spuren lassen sich über ein Museum bis nach Cappenberg verfolgen, dann verlieren sie sich. Seit Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts hängt es in St. Georg. Das gute halbe Jahrhundert hat ausgereicht, um es mit Staub und teilweise auch Schimmel zu bedecken.
Die Restauratorin Erhards hat zunächst die Staubschichten abgesaugt – vorsichtig, um Farbschichten nicht mit wegzusaugen - und ist dann gegen den Schimmel mit einem Gemisch aus Alkohol und Wasser vorgegangen. „Der Schimmel“, erklärt sie, „greift die Basis an, auf dem der Farbstoff hält.“ Ins Laiendeutsch übersetzt heißt die Konsequenz: entfernt man ihn nicht, dann bröselt die Farbe weg. Und der Staub sorgt für ein besseres Anhaften des Schimmels.
Nachdem das Kreuz von dem Dreck befreit war, konnte Erhards daran gehen, die Farbschichten systematisch durchzusehen, auf Lockerung zu überprüfen und zu festigen. Dabei hat sie entdeckt, dass der Korpus mindestens viermal im Laufe der Jahrhunderte übermalt wurde. Alles, und sei es noch so mikroskopisch klein, wird von ihr genauestens „kartiert“ – auf Fotografien vermerkt. Das ist wichtig für Restaurierungen in der Zukunft.
Ihre Konservierungsarbeit macht Erhards öffentlich: Noch bis zum 22. März gibt es die Möglichkeit, ihr zu den Öffnungszeiten der Kirche über die Schulter zu schauen. Ein Angebot, das die Lüner bisher überraschend gut angenommen haben. „Damit haben wir nicht gerechnet“, meint Pfarrer Holthoff.
Manchmal ist es eine zweistellige Zahl von Interessenten, die nachmittags oder auch vormittags kommen. Rund 12.000 Euro wird die Konservierung des Triumphkreuzes kosten. Diese Summe hat der Verein „Rettet die Stadtkirche“ bereits an Spenden eingeworben.
Fotostrecke: Restaurierung des Triumphkreuzes in St. Georg