24.02.2016 // Islamseminar zur Gewalt

Mit dem Recht die Gewalt eindämmen

Die Gewalt in Bibel und Koran waren Ende Februar Thema beim Islamseminar in der Al-Fath-Moschee des Vereins der Kulturfreunde Dortmund.

Islamseminar zur Gewalt in der Bibel und im Koran

Ein Dienstagabend Ende Februar. Erstmals ist das Islamseminar zu Gast in der Al-Fath-Moschee des Vereins der Kulturfreunde Dortmund. Es ist eine multikulturelle Gemeinde mit gesellschaftsnahem Engagement. Im Laufe des Abends füllt sich die Moschee mit mehr als 60 Interessenten. „Gewalt“ ist an diesem Abend das Thema.

Die Gewalt in der Bibel und im Koran kommt zur Sprache - und über die Heiligen Schriften hinaus auch die Gewalttradition der jeweiligen Religionen.

Ist der Einsatz von Gewalt legitim, kann er gerechtfertigt werden mit der Berufung auf die jeweilige Religion? Volker Guckes, evangelischer Pfarrer im Ruhestand, und der islamische Theologe Mehmet Soyhun gehen diesen Fragen nach.

Beide liefern keine einfachen Antworten. Manchmal kommt der Eindruck auf, in einem theologischen Seminar zu sitzen. Die Referenten legen ihre Sicht der Dinge mit inhaltlichem Tiefgang und dennoch immer verständlich dar.

Und sie schonen ihre eigene Religion nicht. „Es gebietet die Ehrlichkeit in den Debatten unserer Tage, dass wir uns zu unserer Vergangenheit bekennen“, fasst Pfarrer i.R. Guckes zusammen.

Er zählt auf: die Zwangstaufen unter Karl dem Großen, der Blutrausch der Kreuzzüge, die Verfolgungen von Ketzern, Hexenverbrennungen und innerreligiöse Kriege. Alles unter Berufung auf Gott und dessen Wahrheit. „Das ist der schlimme Teil unserer Tradition.“

Mehmet Soyhun plädiert dafür, keine „Steinbruchexegese“ des Korans vorzunehmen. Der Islam stelle die Friedensbotschaft und die Gewaltlosigkeit in den Vordergrund. Es gebe kein Recht, sich auf den Koran zu berufen, um Andersgläubige oder „Abtrünnige“ blutig zu verfolgen.

Ziel des Islam sei es, den Schutz des Menschen zu wahren. Gebote und Verbote seien darauf ausgerichtet. Auch zwischenstaatlich erlaube der Islam nur eine Verteidigung unter der Voraussetzung, Friedensvorschläge unmittelbar anzunehmen. „Der Islam will den Menschen den Frieden bringen und Muslime haben die Pflicht zum Frieden.“

Differenziert betrachtete Pfarrer i.R. Guckes die Botschaft der Bibel.  Sie stecke voller Gewaltgeschichten und zwar im Alten und im Neuen Testament. Weil Gewalt die Wirklichkeit unserer Welt ist, würde sie als solche in der Bibel wahrgenommen, doch nirgends gerechtfertigt. Im Gegenteil sei sie „die Geschichte davon, wie mit Recht die Gewalt eingedämmt werden kann.“

Foto: Stephan Schütze
Der islamische Theologe Mehmet Soyhun und der evangelische Pfarrer i.R. Volker Guckes referierten beim Islamseminar zum Thema „Gewalt“ in den Heiligen Schriften.